Pflegekräfte und Angehörige sind verunsichert
Viele Betreuungskräfte aus Osteuropa sind in der Region tätig. Sie kümmern sich um Senioren in deren eigenen vier Wänden. Durch die Corona-Pandemie drohen personelle Engpässe.

Sie stammen beispielsweise aus Polen, Tschechien oder Bulgarien und kümmern sich in der Region Heilbronn und Hohenlohe um alte Menschen in deren Zuhause. Nun ist die Unsicherheit bei Pflegekräften aus Osteuropa und bei Senioren und deren Angehörigen groß. Dass einzelne Länder die Grenzen dicht machen, stellt sie vor Probleme.
"Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos", sagt Andreas Lippert, Geschäftsführer der Deutschen Seniorenbetreuung Südwest in Heilbronn. 450 Pflegekräfte aus Osteuropa sind in 200 Familien in der Region tätig.
Betreuerinnen sind wie Familienmitglieder
Beschäftigte leben und arbeiten bei ihren Kunden zu Hause. Wöchentliche Arbeitszeit und Freizeit sind geregelt. Die Mitarbeiter aus Osteuropa seien wie Familienangehörige, sagt Roger Aerni, Geschäftsführer von Sencurina im Raum Heilbronn. Der Betreuungs- und Pflegedienst verfügt über etwa 270 Beschäftigte in ganz Baden-Württemberg. "Die Stimmung", sagt Aerni, "ist angespannt."
Oft heiße es einfach, die Grenzen seien dicht, sagt Lippert. Doch wie seien die Bedingungen für Berufstätigen aus Osteuropa, die in Deutschland arbeiteten? Angehörige von Senioren rufen bei Lippert an und fragen beispielsweise, ob der anstehende Wechsel der Betreuungsperson klappt. Und Mitarbeiter aus Osteuropa, die zum Arbeiten herkommen sollen, hätten Angst, sich hier anzustecken. "Deutschland gilt als Hochrisikoland."
Beschäftigte wollen nicht mehr anreisen
Etwa zehn Prozent der Beschäftigten aus Osteuropa möchten nicht mehr anreisen, schätzt Aerni. Sie fürchten, sich anzustecken. Wer in der Region tätig ist und demnächst länger frei hat, fragt sich, ob er überhaupt nach Hause kommt. "Das Ausmaß insgesamt ist dramatisch", beurteilt Franziska Underberg, Sprecherin des häuslichen Pflegdienstes Pflegehelden, die Lage der Branche.
Das Unternehmen hat etwa 40 Kunden in Hohenlohe und 110 im Raum Heilbronn, Mosbach und Ludwigsburg. Pflegehelden sei aufgrund seiner Größe in der Lage, auf die Situation flexibel zu reagieren. "Da mittlerweile kaum noch Busunternehmen aus Polen nach Deutschland fahren, haben wir innerhalb weniger Tage einen eigenen Transport auf die Beine gestellt, der in dieser Woche starten sollte", teilt Underberg mit. Nun komme aber die Beschränkung von Reisebusreisen hinzu.
Angehörige springen in die Bresche
"Die Stimmung bei den Kunden ist weiterhin gut und von Verständnis geprägt", sagt sie. Sie schätzten die Lage realistisch ein und akzeptierten Engpässe bei Personal und Transport. Angehörige von Senioren helfen auch durch eigenen Einsatz. "Es ist viel Solidarität zu spüren."
Viele Betreuungskräfte bleiben länger in den Familien als geplant, sagt Aerni. Die Betreuung müsse sichergestellt sein, bekräftigt Lippert. Die meisten Kunden blieben relativ gelassen. "Aber von welchen Zeiträumen reden wir?", fragt er. Den Betreuerinnen drohen finanzielle Einbußen. "Viele haben Angst um ihren Arbeitsplatz und dass wir ihnen aufgrund wirtschaftlicher Engpässe kündigen müssen", sagt Underberg. Von diesem Schritt sei man aber noch weit entfernt.