Pferdemarkt zieht Besucher wie eh und je in Massen an
Der Heilbronner Pferdemarkt erlebt ein regelrechten Ansturm. Am Samstag und Sonntag kamen 60 000 Besucher auf die Theresienwiese. Es gab auch Schattenseiten: die Parkplatznot. Am Rosenmontag geht es ab 10 Uhr weiter.

"Das absolute Chaos. Da vorne sind alle Parkplätze belegt", sagt der junge Vater etwas beschämt zu einem Passanten, als er in der Hafenstraße aus dem Auto steigt. Die Töchter wundern sich über das pinke Gebäude. So klärt sie der Papa auf: "Das ist ein Freudenhaus." Szenen wie diese wirken in diesen Tagen wie Balsam.
3G-Regel greift: Schlangen am Eingang
Ideales Wetter, so gut wie keine Konkurrenz, großer Nachholbedarf: Der Heilbronner Pferdemarkt, der corona-bedingt von der Innenstadt auf die Theresienwiese verlegt wurde, erlebte am Wochenende mit 60 000 Besuchern einen Ansturm wie in alten Zeiten. Fast. Denn auf dem umzäunten Drei-Hektar-Areal ist mehr Platz für Gassen, für Abstand. Zudem kontrolliert die AT Security jeden Besucher auf 3G. Dies führt mitunter zu Warteschlangen. Wer seine Maske vermisst, hat am Stand von Familie Moosherr die Qual der Wahl. Am Rosenmontag geht es von 10 bis 18 Uhr weiter. Schon jetzt berichten manche Kaufleute von besseren Geschäften denn je.
Polizei und Ordnungsamt haben alles im Blick
Abgesehen von Parkplatzmangel und Falschparkern, die zum Teil 55-Euro-Knöllchen bekamen, weil sie Feuergassen oder Gehwege blockierten, gab es laut Ordnungsamt und Polizei keine besonderen Vorkommnisse: bis auf 20 Euro "Falschgeld", das ein Junge vom Opa bekommen hatte und reumütig ablieferte sowie einem unerlaubt abgestellten Seecontainer.
"Ich bin echt erleichtert, die Parkplatznot ist doch irgendwie auch ein gutes Zeichen, dass es weitergeht", so HMG-Chef Steffen Schoch. "Wir hatten tatsächlich überlegt, ob wir"s abblasen sollen. In Gedanken sind wir bei den Menschen in der Ukraine. Aber wir sind auch in der Pflicht gegenüber den Beschickern hier, denen nach zwei Jahren Corona-Krise vieles fehlt." Musik-Macher wie Daniel Riess vom "Neckar-Käpt"n" hat Schoch angehalten, nicht zu sehr auf die Pauke zu hauen.
Marktkaufleute atmen etwas auf
Tatsächlich sei die Zahl der Marktkaufleute von einst 300 auf 250 zurückgegangen. "Früher konnten wir gar nicht alle unterbringen", berichtet Marktmeister Alexander Ghassemi. "Nun merken wir, dass sich etliche einen andere Broterwerb suchen mussten."
Für Xaver Michl (58) aus Friedberg, der 1800 Bürsten, Besen, Haushalts- und Holzwaren anbietet, ist es der erste Markt seit Oktober. Normalerweise ist er an 180 Tagen im Jahr unterwegs, 2021 waren es 27. Mit Gastspielen vor Lebensmittelläden habe er sich "über Wasser halten können". Am Dienstag wollte Michl in Geislingen/Steige Station machen. "Aber dort ist alles abgesagt. Die Zukunft ist ungewiss."
Vorfreude aufs Volksfest
Julius Kritz (30) aus Stuttgart, dessen Familie auch den legendären Musik-Express betreibt, bewirtet den "Mais Man". Durch Überbrückungshilfen sei man einigermaßen über die Runden gekommen. "Neben dem Finanziellen hat uns das Nichtstun mehr bedrückt. "Außerdem fehlen die Begegnungen, die Freunde, mit denen du auf großen Festen oft über Wochen zusammenarbeitest." Einen Lichtblick erkennt Ritz im Cannstatter Frühlingsfest über Ostern. Und vor allem freut er sich aufs Heilbronner Volksfest, das diesmal nicht erst Ende, sondern Anfang Juli beginnt - und auch ein großes Göckelsmaier-Bierzelt hat, anders als Cannstatter Frühlingsfest an Ostern

Marktschreier geben den Ton an
Während Ronny seine knackigen Kekse anpreist und Karl Göttler seine "göttlichen Fensterwischer", schwört Marco Giovannini, der sich selbst "kleiner Johannes" nennt, auf Bambus-Kristall-Brillentücher. Ob er denn auch etwas gegen sein Masken-bedingt beschlagenes Nasenfahrrad habe, will einer wissen. "Nein, dagegen gibt es nichts." Das hört man auf dem Pferdemarkt eigentlich sonst nie. Wilhelm Schmidt aus Mosbach hat die passenden Hosenträger gefunden, Firat Aydin endlich einen Spätzlesdrücker. Gisela (81) und Kurt Borchardt (88) aus Neckargartach dagegen lassen ein Reinigungsspray links liegen. "Das hat letztes Mal nur zehn Euro gekostet, jetzt 17,50." Aber sonst finden sie den Pferdemarkt "einfach schön".


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