Brackenheim will bei E-Ladesäulen Vorreiter sein
Bisher gibt es nur drei Ladestationen für Elektrofahrzeuge in ganz Brackenheim: MVV Regionalplan erstellt Konzept für Ausbau der Lade-Infrastruktur.

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 356 000 Elektrofahrzeuge neu zugelassen. 83,3 Prozent mehr als 2020. Das entspricht einem Marktanteil von 16 Prozent bei den Neuzulassungen. Aber wie steht es um die Lade-Infrastruktur? Brackenheim möchte bei diesem Thema eine "Vorreiterrolle einnehmen", betonte Bürgermeister Thomas Csaszar in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Mit der Erarbeitung eines Konzepts für die Ausstattung des Stadtgebiets mit E-Ladesäulen ist die MVV Regioplan GmbH (Mannheim) beauftragt. Die Kosten in Höhe von 29 700 Euro werden zu 80 Prozent vom Bund bezuschusst.
In Brackenheim sind aktuell 525 von mehr als 16 000 zugelassenen Fahrzeugen batterieelektrische E-Autos sowie Plug-in-Hybride. Öffentlich zugängliche Lade-Infrastruktur gibt es am Rathaus mit zwei Ladepunkten, von denen einer fast ausschließlich durch Carsharing belegt ist. Weitere Ladesäulen stehen auf den Parkplätzen des Elektrofachmarktes Federmann und der Geschäftsstelle von Netze BW.
Kernstadt und Stadtteile differenziert betrachten
"In Brackenheim ist der Ausbau der öffentlichen Lade-Infrastruktur noch kaum vorangeschritten", so die Schlussfolgerung von Klimaschutzmanager Jonathan Wein. Ein ganzheitliches Konzept mit differenzierter und individueller Betrachtung Brackenheims mit allen Stadtteilen soll Abhilfe schaffen.
Die MVV Regionalplan werde vom Bestand ausgehend eine Prognose erstellen, Standortfaktoren untersuchen, mögliche Standorte festlegen, die Anschlussbedingungen prüfen, die Öffentlichkeit beteiligen und Fördermöglichkeiten eruieren, erklärte Geschäftsführer Daniel Jung. Am Ende wird ein Maßnahmenkatalog stehen, der die empfohlenen Standorte mit Ausbaupriorisierung definiert. Dann gehe es darum, Betreiber zu finden. "Dieses Konzept werden Sie die nächsten drei bis fünf Jahre brauchen, danach richtet es der Markt."
Jung zählte die verschiedenen Möglichkeiten, ein E-Fahrzeug zu laden, auf. Die private Wallbox zu Hause sei nur dem Fahrzeughalter und die Ladesäule am Arbeitsplatz nur einem festen Nutzerkreis zugänglich. Dagegen ermögliche das sogenannte halböffentliche Laden, etwa auf Supermarkt-Parkplätzen, und das Laden auf öffentlichen Flächen, an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr einen "diskriminierungsfreien Zugang". Die Kommunen müssten den Bedarf nicht alleine decken. Nur zwölf bis 24 Prozent beträgt laut Jung aufgrund der hohen privaten Kapazitäten der Bedarf an öffentlicher und halböffentlicher Infrastruktur. Infrage kämen dabei vor allem "Points of interest", wie Einzelhandel, Bücherei, Rathaus, Kirchen, Sportplätze oder Parkhäuser mit einer Aufenthaltszeit von bis zu drei Stunden.
Sind E-Fahrzeuge umweltfreundlicher?
"Wo der ganze Strom herkommen soll, diese Frage hat noch keiner beantwortet", zeigte sich FWB-Stadtrat Otto Schmoll skeptisch. Auch angesichts dessen, ob E-Fahrzeuge umweltfreundlicher sind als Verbrenner. "Sie sind es, wenn man sehr konsequent mit Ökostrom rangeht", so Daniel Jung. Thomas Neuschwander (Grüne) outete sich als Fan der E-Mobilität. "Ich habe aber noch nie öffentlich geladen. Das kommt daher, dass ich die Nutzung eher regional sehe."
Ute Frank (Liste 21) wollte wissen, wie die vorhandenen Ladesäulen genutzt werden. "Die Ladesäule am Rathaus wird inzwischen mehrmals täglich frequentiert, auch das Carsharing-Auto ist häufiger im Einsatz", so Klimamanager Jonathan Wein. "Die Lademengen der MVV steigen, vor allem Schnellladestationen sind ein Thema", bestätigte Daniel Jung diesen Trend.
Jemand, der in einem Teilort wohne, könne ein E-Auto nur dann kaufen, wenn er es privat oder im Geschäft laden kann, meinte Stadtrat Peter Luboeinski (Liste 21). "Deshalb sehe ich keinen Sinn in so einer Konzeption."
Online-Umfrage und Info-Veranstaltungen
Sowohl die Öffentlichkeit als auch alle Akteure sollen von der MVV am Ausbau der Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge beteiligt werden. Auf der städtischen Homepage noch bis 14. August online ist eine Umfrage für die Bürger zum Thema E-Mobilität. Geplant ist außerdem eine Präsenzveranstaltung für die örtlichen Gewerbetreibenden, die Ende August stattfinden soll. Beim Brackenheimer Festival der Zukunft am 17. und 18. September wird es einen Infostand zur E-Mobilität geben. Ziel ist es, die Einwohner für das Thema zu motivieren und zu sensibilisieren. Als ergänzendes Format ist für Oktober eine Online-Veranstaltung für die Brackenheimer vorgesehen.