Warum der ergiebige Regen Fluch und Segen im Forstrevier Wildeck ist
Der Niederschlag der vergangenen Monate tut den Bäumen und dem Grundwasser gut. Alexander Fichtnerm, der das staatliche Forstrevier Wildeck leitet, macht aber auch einen Nachteil aus.

"Diese Buche ist kaputt, diese Eiche ist gesund": Das könnte Alexander Fichtner mehrfach wiederholen, während er auf die entsprechenden Bäume in einem Abschnitt des Klosterwalds auf Löwensteiner Gemarkung zeigt. Die Eichen haben Kronen und ein normales Feinastsystem. Beides ist bei mancher Buche schon nicht mehr vorhanden. "Die dicken Äste brechen weg, und der Baum stirbt", beschreibt der Leiter des staatlichen Forstreviers Wildeck das Schicksal der stark vorgeschädigten Bäume. Selbst die üppigen Niederschlagsmengen haben diese nicht retten können. Der Regen ist Fluch und Segen im Wald. Die noch laufende Holzernte ist schwieriger zu bewältigen.
30 bis 35 Prozent der Buchen wird Fichtner durch die Trockenheit vergangener heißer Sommer verlieren, schätzt er. Aber: Der Bestand verjüngt sich, was gut zu erkennen ist. Die jungen Bäume passten sich besser an die Klima-Erwärmung an als die alten, "die aus fetten Jahren kommen". Warum die Buchen so leiden? Sie haben im Gegensatz zur Eiche keine Borke, sondern Rinde. "Und die kriegt Sonnenbrand", sagt der Experte von Forst BW.
Kranke Bäume werden nicht wieder gesund
Eine Zeitlang habe man gehofft, dass die durch Trockenstress und massive Sonneneinstrahlung kranken Bäume wieder gesunden. "Aber sie schaffen das nicht." Wenn sie so stark vorgeschädigt sind, seien sie anfällig für Pilze und faulten. Und wenn sie das Feinwurzelsystem abgestoßen haben, fallen sie um. So weit soll es nicht kommen, denn dann verlöre das Holz an Wert. Vom beginnenden Absterbungsprozess blieben ein bis eineinhalb Jahre, den Baum zu fällen.
"Für die Natur ist das ein Segen", betrachtet Fichtner die Regenmengen, die in den Löwensteiner Bergen von Oktober bis Januar bereits den sonst üblichen Jahresniederschlag gebracht haben. Die Grundwasserspeicher füllten sich wieder, was Flach- wie Tiefwurzler zugute komme. "Die Fichte hat vom Regen profitiert. Sie hat wieder Kraft getankt, mehr Harz produziert und die Bohrlöcher verschließen können." Deshalb hofft der Revierleiter, dass der Borkenkäferbefall geringer ausfällt als im vergangenen Jahr.
Tiefe Fahrspuren in Rückegassen und auf Maschinenwegen
Bei der Fahrt durch den Klosterwald fällt der Blick auf Rückegassen und Maschinenwege. Sie sind durchzogen von tiefen Fahrspuren, teilweise steht das Wasser in Pfützen - für Gelbbauchunken ein Paradies. Auch die geschotterten Waldwege sind schmutzig oder gesäumt vom Dreck, den das Heckanbaugerät beseitige geschoben hat, damit sie für Waldspaziergänger und Jogger begehbar sind. Das ist die Kehrseite, der Fluch, der regenreichen Monate. "Wir müssen trotzdem Holz machen", sagt Fichtner, der selbst in den Löwensteiner Bergen nicht mehr auf Frostperioden setzen kann. Die Holzernte ist bis Ende März beendet, der Jahrseinschlag ein normaler mit 10.000 Festmetern.
Bei dem durchnässten Boden sei die Arbeit schwieriger und gefährlicher. Rückeschlepper mit ihren Ketten und der Forwarder mit seinen Bändern können nur bis zur Wegeinfahrt gelangen und damit den Einschlag nicht gleich poltern. Das muss eine zweite Maschine übernehmen. Mehr Maschinen, mehr Arbeitskräfte: Das macht den Holzeinschlag "extrem teuer", macht Fichtner deutlich. Aber: Der Staatswald habe eine Vorbildfunktion, den Wald so schonend wie möglich zu bewirtschaften.
Käferholz muss zeitnah entfernt werden
Ein Privatwaldbesitzer beseitigt auf Obersulmer Gemarkung befallene Bäume. Dass Kleinprivatwaldbesitzer wieder dieser Käferholz nicht zeitnah entfernten, bezeichnet Fichtner als "großes Problem". Er begibt sich im Sommer auf Käfersuche und lässt betroffene Bäume fällen. "Wir gucken und schaffen, und dann fliegt der Käfer zu uns", sagt er.
Die vier Waldarbeiter des Reviers sind damit beschäftigt, die Kulturen vorzubereiten. Sie stecken die Pflanzreihen ab, wo sie 3600 Jungbäume setzen werden: klimastabile Arten wie Eichen sowie Douglasien und Tannen, um den 25-Prozent-Nadelholz-Anteil im Revier zu halten. "Brennholz gibt es ausreichend", sagt Revierleiter Alexander Fichtner. Und noch eine gute Nachricht für alle, die einen Kaminofen haben: "Die Preise sind gleich geblieben."
In manchen Kommunen gibt es noch Versteigerungen von Brennholz aus dem eigenen Wald. Forst BW verkauft Brennholz aus dem Staatswald über sein Online-Portal. Geplant ist ein neuer Service durch den Webshop. In diesem kann sich der potenzielle Kunde Fotos von den zu verkaufenden Festmetern anschauen und erfährt, wo das Holz abgelegt ist. Er kann dann entscheiden, ob die Anfahrt für ihn passt. Bisher wurde dem Kunden die gewünschte Menge zugewiesen.

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