Wachstum im Weinsberger Tal mit angezogener Handbremse
Der neue Flächennutzungsplan für Weinsberg, Eberstadt, Ellhofen und Lehrensteinsfeld ist beschlossene Sache. Ein Flächenverbrauch wie in den vergangenen Jahren soll es nicht mehr geben. Hier ein Überblick.

Geschafft. Endlich ist ein Knopf dran gemacht. Nach Jahren des Überlegens, Diskutierens und Abwägens ist der neue Flächennutzungsplan für Weinsberg, Eberstadt, Ellhofen und Lehrensteinsfeld beschlossene Sache. Eberstadt stimmte dagegen. Nun muss das Landratsamt Heilbronn das vielseitige Werk mit überdimensional großen Plänen noch genehmigen. Es gibt Aufschluss darüber, wo welche Kommune des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) "Raum Weinsberg" in den nächsten Jahren wachsen kann. Auf der Grundlage eines Flächennutzungsplans (FNP) werden die konkreten Bebauungspläne für Wohnbau-, Misch- und Gewerbeareale entwickelt - und das werden wohl nicht mehr so viele sein wie in den zurückliegenden Jahren.
Langwieriges Prozedere
"Jetzt können wir durchatmen", sagt Stefan Thoma. Der Weinsberger Bürgermeister ist auch Vorsitzender des GVV, und in der Baurechtsbehörde des Weinsberger Rathauses wird das Thema FNP betreut. Deshalb atmet auch deren Leiter Thomas Goth durch. Ein so umfangreiches Planwerk ist nicht von heute auf morgen erstellt. Allein die Bestandsaufnahme für die nun beschlossene vierte Fortschreibung dauerte zwei Jahre. Der Aufstellungsbeschluss wurde 2021 gefasst. Auch Bürger und Behörden konnten ihre Sicht der Dinge kundtun.
Die neue Fortschreibung umfasst den Planungszeitraum von 2020 bis 2035. Aufgenommen sind Flächen aus der dritten Fortschreibung, die bisher nicht umgesetzt wurden, aber auch neue Areale. Unterm Strich ist es laut Thoma so: Der Flächenverbrauch und das Bevölkerungswachstum der vergangenen Jahre werden sich so nicht fortsetzen. Im GVV sei "ein Level erreicht. Den enormen Flächenverbrauch wird es so nicht mehr geben."
Probleme an anderer Stelle
Flächenverschleiß schafft auch Probleme an anderer Stelle: Weinsberg hat in den Bereichen Kinderbetreuung und Schulen jetzt und in den nächsten Jahren Mühe, dass die Infrastruktur Schritt hält. Ein so großes Gebiet wie der "Heilbronner Fußweg" ist nicht mehr in Sicht. Das Wachstum in Weinsberg wird noch eine Weile anhalten, bis die jüngst erschlossenen Gebiete aufgesiedelt sind. Im Weiteren geht es laut Thoma vor allem "um Arrondierungen, Innenverdichtungen und die Schließung von Baulücken".
Unmut in Eberstadt
Für die Fortschreibung wurden hier und da auch nicht realisierte Flächen aus dem Vorgängerplan gestrichen, so zum Beispiel die "Rotäcker" in Ellhofen: Irgendwann war klar, dass Grundstückseigentümer nicht mitziehen werden. Oder aber der Regionalverband Heilbronn-Franken gab kein grünes Licht, weil er einen Verstoß gegen die Ziele der Raumordnung sah - etwa bei einer 2,2 Hektar großen Gewerbefläche in Eberstadt jenseits der L 1036. Dass die Gemeinde sie nicht aufnehmen durfte, ist einer der Gründe, warum Bürgermeister Stephan Franczak die Hand gegen die Fortschreibung hob. Alternativen Richtung Gellmersbach erschienen der Gemeinde nicht geeignet oder realisierbar, und so hat Eberstadt nun überhaupt keine Gewerbefläche im FNP.
Die anderen drei Kommunen verfügen noch über Baulücken in bestehenden Gewerbegebieten und können teils Flächen aus der dritten Fortschreibung übernehmen. Neue Gewerbeflächen sind nirgends aufgenommen.
Das sieht der neue FNP laut Baurechtsamtschef Goth für die Wohnbebauung vor:
Weinsberg: Neu aufgenommen sind 3,9 Hektar. Aus der vorigen Fortschreibung wurden 9,3 Hektar übernommen und 3,8 Hektar gestrichen. Bis 2035 sind für Weinsberg samt Teilorten unterm Strich 13,2 Hektar Wohnbauflächen aufgelistet.
Eberstadt: 0,3 Hektar sind neu aufgelistet, 3,8 Hektar werden übernommen, drei sind gestrichen. Dem neuen FNP zufolge können 4,1 Hektar entwickelt werden.
Ellhofen: Aus dem Vorgängerplan wurden 3,9 Hektar gestrichen, neu aufgenommen sind 3,4 Hektar.
Lehrensteinsfeld: Aus der dritten Fortschreibung ist weder etwas zu streichen noch zu übernehmen. Neu aufgelistet sind 2,9 Hektar.
Ein weiterer Grund für das Nein aus Eberstadt ist übrigens, dass die Kommune nicht so viel Wohnbaufläche aufnehmen darf, wie sie möchte. In den vergangenen Jahrzehnten hatte die Gemeinde viele Flächen im FNP, aber wenig Bauland erschlossen. Eine Eberstädter Übergewichtung "hätte die anderen Kommunen benachteiligt, weil sie im Gegenzug auf Flächen verzichten müssten", so Thoma. Weinsberg hingegen könnte noch sechs Hektar mehr aufnehmen, wenn die Stadt dies wollte. Rein rechnerisch stehe ihr das zu.
Windkraft und weitere Infos
Daraus macht Thomas Goth, Chef der Weinsberger Baurechtsbehörde, keinen Hehl: Wie andernorts, so wird Windkraft auch im GVV-Gebiet Thema werden. Momentan gilt, was in einem Teilflächennutzungsplan festgehalten ist: Im Bergfeld bei Eberstadt-Hölzern sind zwei Anlagen zulässig. Würden potenzielle Interessenten andere Standorte für sich entdecken, müsste der Flächennutzungsplan (FNP) geändert werden. Zu ändern wäre der Plan auch für große Freiflächenphotovoltaik-Anlagen. Im aktuellen FNP sind dazu keine Aussagen getroffen.
Das Büro Braun und Nagel hat den neuen FNP betreut. Bei der Auswahl der Flächen spielten viele Kriterien eine Rolle, zum Beispiel die Vorgaben des Regionalplans, Siedlungsstrukturen, Eigentumsverhältnisse, Umweltverträglichkeit oder Erschließungsaufwand.

Stimme.de
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