Stimme+
Obersulm
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Michael Beheim, ein rastloser Weltenbummler aus Sülzbach

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Der Sülzbacher war im Mittelalter ein bekannter Meistersänger und Poet. Er fand einen gewaltsamen Tod. Ein Sühnekreuz befindet sich in der Michael-Beheim-Gemeinschaftsschule in Obersulm.

In diesem Bereich, wo in Sülzbach heute die K2112 (links) in die B39 mündet, soll der Schultheiß 1774 erschlagen worden sein.
In diesem Bereich, wo in Sülzbach heute die K2112 (links) in die B39 mündet, soll der Schultheiß 1774 erschlagen worden sein.  Foto: Friedrich, Sabine

Der regionale Bezug gefällt Eric Sohnle. Und auch die Weltoffenheit, die er mit dem Namensgeber verbindet. "Er ist sehr viel rumgekommen. Er war ein bisschen ein Weltenbummler." Einer mit künstlerischer Ader. Am 24. Juni 1988 bekam die damalige Grund- und Hauptschule Willsbach seinen Namen: den von Michael Beheim.

Eine Wahl, die dem heutigen Rektor Sohnle zupass kommt: "Er ist keine zeitgeschichtliche Person und damit unverfänglich." Sechs Jahrhunderte muss man zurückblättern, um auf das Geburtsjahr von Beheim zu stoßen: 1416. Je nach Quelle werden Jahreszahlen bis 1421 angegeben. Er gelangte im 15. Jahrhundert zu Bekanntheit als Meistersänger, Dichter und Komponist an europäischen Kaiser-, Königs- und Fürstenhäusern.

Auf Reisen zu Fürstenhöfen und Kriegslagern

Die Karriere des Webersohns, der selbst nur kurz dieses Handwerk ausübte und sich alle Kenntnisse in der Dichtkunst und im Komponieren selbst beibrachte, begann unter Konrad IX. von Weinsberg. Der Reichserbkämmerer erkannte das Talent von Beheim, wie in der Obersulmer Ortschronik nachzulesen ist. Von 1439 bis 1448 war er in den Diensten Konrads und mit ihm auf Reisen zu Fürstenhöfen und Kriegslagern.

Das ritterliche Leben, das an Konrads prächtigem Hofe herrschte, habe nachhaltig Eindruck auf das schwärmerische Gemüt des Webers gemacht, der sich am "klappernden Webstuhle langweilte und sich hinaus sehnte in die weite Welt". So schrieb Erwin Dietrich, von 1967 bis 1975 Rektor der Schule in Sülzbach, im Ruhestand in einem Heft der Reihe "Texte und Materialien zum landesgeschichtlichen Unterricht".

Er suchte Spannung und Abenteuer

Reproduktion des Originals von 1566 in Weinsberg im Rathaus Obersulm.
Reproduktion des Originals von 1566 in Weinsberg im Rathaus Obersulm.  Foto: Heibel, Matthias

Der unruhevolle Jüngling sei ein ausschweifend Fahrender, eine Spielmannsnatur gewesen, die sich entweder auf Reisen oder in irgendeinem Kriegslager befand, wo Spannung und Abenteuer zu finden waren, lautet die Einschätzung von Erwin Dietrich. 33 Jahre zog Michael Beheim durch die Lande, ehe er wieder an seinen Geburtsort Sülzbach zurückkehrte, wo er Schultheiß wurde.

Dem Sülzbacher Pfarrer J. Caspart sei es zu verdanken, meint Autorin Elke Eyer in der Ortschronik "Obersulm - sechs Dörfer, eine Gemeinde", dass Licht ins Dunkel des letzten Lebensabschnitts von Beheim kam. 1875 machte Caspart zwei wichtige Entdeckungen. Zum einen stieß er auf ein Sühnekreuz, das vom Tod des Meistersängers 1474 kündet: "Beham schultheiß tzu Sülztbach erschlag." Die Schrift auf dem Steindenkmal, das im Eingangsbereich der Grundschule der Michael-Beheim-Gemeinschaftsschule steht, ist kaum noch zu erkennen. Im Jahr 1992 ließ die Gemeinde Obersulm auch eine Nachbildung an der Mauer der evangelischen Kirche in Sülzbach aufstellen, so Alt-Bürgermeister Harry Murso.

Auf der Straße von Ellhofen nach Willsbach, dort, wo der von Sülzbach nach Lehrensteinsfeld führende Weg abzweigt, soll 1474 der Mord geschehen sein. Adlerwirt Haug brachte 1875 den Pfarrer auf die zweite Spur, einen Wappenstein Beheims mit der Jahreszahl 1472. Harry Murso weist darauf hin, dass er am östlichen Giebel der Eberstädter Straße 3 in Sülzbach sichtbar ist. 1912 sei das Wappen, das sich in einem Nebengebäude befand, dort neu in die Hauswand eingelassen worden.

Der Mord wurde nie aufgeklärt

Rektor Eric Sohnle neben dem Sühnekreuz im Grundschulgebäude der Michael-Beheim-Schule. Die Inschrift, die davon kündete, dass der Meistersänger erschlagen wurde, ist kaum noch zu erkennen.
Fotos: Sabine Friedrich/Matthias Heibel
Rektor Eric Sohnle neben dem Sühnekreuz im Grundschulgebäude der Michael-Beheim-Schule. Die Inschrift, die davon kündete, dass der Meistersänger erschlagen wurde, ist kaum noch zu erkennen. Fotos: Sabine Friedrich/Matthias Heibel  Foto: Friedrich, Sabine

Das Leben von Michael Beheim, vielmehr sein gewaltsamer Tod, der nie aufgeklärt wurde, bot den Siebtklässlern des Evangelischen Paul-Distelbarth-Gymnasiums Stoff für einen historischen Kriminalroman. "Das Zeichen des Mörders" erschien im Jahr 2013. Wer Beheim war, musste dazu erst einmal recherchiert werden.

Wie er aussah, zeigt ein Foto des beleibten Mannes im kleinen Sitzungssaal des Obersulmer Rathauses. Es ist eine Reproduktion des Originalbildes im Besitz der Stadt Weinsberg. Dort war es lange im Rathaus aufgehängt, nach dessen Sanierung befindet es sich jetzt im Archiv.

In beiden Kommunen sind Straßen nach Michael Beheim benannt, in Weinsberg fehlt allerdings der Vorname. Hingegen trägt ein Saal in der Baukelter den vollen Namen.

Lieder & Stationen seines Lebens

Michael Beheim war fleißig. 452 Lieder und drei umfangreiche Reimchroniken hat er verfasst, wie Elke Eyer in der Obersulmer Ortschronik schreibt. Der größte Teil befindet sich in der Universitätsbibliothek Heidelberg. Der Meistersänger und Dichter dokumentierte darin das Geschehen seiner Zeit, aber auch Biografisches.

Nach dem Tod Konrad IX. von Weinsberg 1448 gehörte Beheim zum Gefolge unter anderem von König Christian von Dänemark und Norwegen oder von König Ladislaus von Böhmen und Ungarn, den er im Krieg gegen die Türken bis vor Belgrad begleitete. Von 1457 bis 1465 war er im Dienst von Kaiser Friedrich III. in Wien. Seine letzte Station vor der Rückkehr nach Sülzbach war von 1467 bis 1472 bei Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz in Heidelberg.

Beheim soll 1439 geheiratet haben, seine Frau starb wohl 1453, mit der er mindestens drei Söhne und eine Tochter hatte.

 
Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben