Mehr Radler statt Autos: Obersulm soll Fahrradstraße bekommen
Die Gemeinde will eine Radkultur schaffen. Das neue Radverkehrskonzept enthält 50 Maßnahmen für die Verbesserung des Netzes. Ein Punkt: Die Kümmelstraße soll zur Fahrradstraße werden.

"Fahr Rad Obersulm" ist auf dem Banner am alten Sportplatz in Willsbach zu lesen. Große weiße Lettern, ergänzt durch ein stilisiertes Fahrrad auf pinkfarbenem Untergrund. Mit diesem Logo, auf Banner gedruckt, will die Gemeinde eine Radkultur schaffen und die Bevölkerung animieren, auf das umweltfreundliche Fortbewegungsmittel umzusteigen, erklärt der Klimaschutzmanager von Obersulm, Stefan Fuchs, gegenüber der Heilbronner Stimme.
"Es gibt bislang kein durchgängiges Radverkehrsnetz", machte Robin Oeden von den BS Ingenieuren in der Gemeinderatssitzung deutlich. Deshalb sieht Fuchs dringenden Handlungsbedarf bei diesem Schritt zur Mobilitätswende. An einzelnen der rund 50 enthaltenen Punkte der Maßnahmenliste gab es Kritik. Nur Axel Leinz (FVW) und Nico Knapp (CDU) waren dagegen, die Verwaltung zu beauftragen, den Katalog zu verfolgen.
Einig war sich das Gremium, schnellstmöglich den ersten Punkt der Liste umzusetzen: die Kümmelstraße zur Fahrradstraße umzuwandeln. Weil der Stellplatzbedarf relativ hoch sei, so Oeden, werde die Straße für den Anliegerverkehr freigegeben. Schutzstreifen bieten den Radlern Sicherheit vor sich öffnenden Autotüren.
Mehr Radler statt Autos: Obersulm soll Fahrradstraße bekommen, doch es gibt auch Vorbehalte

"Wir haben Nachholfbedarf", machte Bürgermeister Björn Steinbach deutlich. Deshalb müssten die Verbesserungen für den Radfahrer angegangen werden. Über einzelne Punkte könne man sich ja streiten – jede Maßnahme wird im Gremium vor der Realisierung diskutiert und beschlossen – aber grundsätzlich könne man dem Konzept zustimmen. Steinbach war überrascht von den Vorbehalten aus den Reihen der CDU und der FWV, nachdem sich der Gemeinderat zweieinhalb Jahre mit dem Thema beschäftigt habe.
Das beauftragte Büro hatte eine umfangreiche Analyse betrieben, Verkehrszählungen vorgenommen, Ein- und Auspendlerströme betrachtet, Unfälle mit Radfahrern herangezogen und bestehende Radrouten kartiert. All das floss in eine Konfliktanalyse ein, die 44 Schwachstellen und Mängel von fehlender Beschilderung bis zu ungesicherten Querungen beinhaltet.
Veranstaltung zeigt: sicheres Radfahren ist den Obersulmern wichtig
Das Maßnahmen- und Handlungskonzept hat elf Kategorien, angefangen von Fahrradboxen über Verbesserung von Überquerungsstellen hin zur Lückenschließung, neuen Radwegen und Fahrradstraßen. Den Bürger abholen, ihm die Ziele erläutern und Akzeptanz erreichen, empfahl Oeden. 2022 hatte es eine Bürgerbeteiligungsveranstaltung gegeben, in der klar wurde, dass sicheres Radfahren den Einwohnern ein großes Anliegen ist.
Für "schon lange überfällig" hält SPD-Sprecher Michael Schepperle das Konzept. Es dürfe nicht wieder wie 1990 in der Schublade verschwinden. Priorisierung bei der Umsetzung müsse der sichere Schulweg haben. Grünen-Sprecher Armin Waldbüßer fand den Maßnahmenkatalog hervorragend. Um Akzeptanz zu erhalten, müssten sichere Abstellmöglichkeiten an den S-Bahnhöfen geschaffen werden.
Das sind einige der Kritikpunkte
"Bitte mit Augenmaß", mahnte Axel Leinz, der kritisierte, dass dem Individualverkehr viel Platz genommen werde. Manche Maßnahmen konnte er nicht nachvollziehen, weshalb er gegen das Konzept stimmte. Das tat auch Nico Knapp (CDU) aus denselben Gründen. Vor allem die geplante Ampel auf der B39 beim "Rössle" als Querung von und nach Lehrensteinsfeld unweit der bestehenden Fußgängerampel sei nicht sinnvoll. "Wir haben funktionierende Radwege", meinte sein Fraktionsvorsitzender Hermann Hohl, weshalb er gegen die Verbauung von Flächen war. Benjamin Friedle (Grüne) wunderte sich, dass Kritik gerade von jenen komme, die bei der "Tour de Radverkehrskonzept" des Gemeinderats nicht dabei gewesen seien. "Das Radwegenetz ist nicht gut. Wir sind sehr weit hintendran."
Es winkt eine hohe Förderung
Da das Radverkehrskonzept auch überregionale und regionale Verbindungen betrifft, müssen bei der Realisierung der Maßnahmen Bund, Land und Landkreis Heilbronn mit ins Boot. Die Gesamtkosten kann Obersulms Klimaschutzmanager Stefan Fuchs noch nicht nennen. Der Gemeinde winkt eine hohe Förderung von bis zu 90 Prozent, wenn sie Zuschüsse aus dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und dem Sonderprogramm Stadt und Land erhält.