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Flüchtlingsunterkunft in Weinsberg: Tägliche Probleme wie in einer großen WG

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Die erste Containeranlage in der Weidachstraße in Weinsberg ist mit 48 Flüchtlingen nun voll belegt. Viele Menschen müssen auf engem Raum zusammenleben. Integrationsmanager, Flüchtlingsbeauftragte und Hausmeister sind Ansprechpartner.

Die 48 Plätze für Flüchtlinge in der Containeranlage in der Weidachstraße sind nach fünf Wochen belegt. Rechts stehen schon weitere Container bereit, die die Stadt gebraucht gekauft hat und nun für weitere 28 Menschen herrichtet.
Die 48 Plätze für Flüchtlinge in der Containeranlage in der Weidachstraße sind nach fünf Wochen belegt. Rechts stehen schon weitere Container bereit, die die Stadt gebraucht gekauft hat und nun für weitere 28 Menschen herrichtet.  Foto: Friedrich, Sabine

Sein größter Wunsch ist, endlich wieder mit seiner Frau und seinen fünf Kindern zusammen zu sein. Sie warten in der Türkei auf das Visum für Deutschland, teilt der Syrer mit der Übersetzungs-App mit. Ein bisschen Deutsch spricht er bereits, besucht er doch einen Sprachkurs. Sein zweitgrößter Wunsch: mit der Familie eine Wohnung finden. Bei der Vorstellung kommt ein strahlendes Leuchten in seine Augen. Vorerst ist der 51-Jährige in der Containeranlage in der Weidachstraße in Weinsberg untergebracht. Nach fünf Wochen ist dieser neue Standort mit 48 Plätzen für Flüchtlinge nun voll belegt.

Dass die 24 Zwei-Bett-Zimmer so schnell gebraucht würden, damit hat Thomas Goth, Leiter des städtischen Baurechtsamts, gerechnet. Nicht von ungefähr stehen auf dem städtischen Parkplatz, den früher die Firma Fibro nutzte, weitere Container bereit, gebrauchte. Sie sollen bis Mai hergerichtet sein, damit sie zusätzlich 28 Menschen Obdach bieten.


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Schlechte, aber schnelle Lösung

Ursprünglich rechnete die Stadt mit alleinstehenden Männern. Bei der ersten Einweisung war ein Rollstuhlfahrer dabei, in der Folge kamen Familien mit 17 Kindern, die teils schon in Kindergarten und Schule untergebracht sind. "Das erfordert ein Umsteuern", macht Claus Ehmann deutlich, zu dessen Amtsbereich die Flüchtlingsunterbringung gehört. "Die Umgebung ist nicht unbedingt kinderfreundlich." Besonders die Familien möchte die Stadt schnell in Wohnungen unterbringen. "Aber man muss der Realität ins Auge blicken: Wo gibt es bezahlbaren Wohnraum?" Container seien die schlechteste Lösung, aber die schnellste, betont er. "Es ist eine sozialromantische Vorstellung, jeden dezentral unterzubringen."

Ein Miteinander ist zu spüren

Wie funktioniert das Zusammenleben in der Containeranlage? "Besser, als wir es uns vorgestellt haben", sagt Goth. "Eigentlich läuft es ruhig." Es sei ein Miteinander zu spüren, und er hofft, dass dies auch bei der Vollbelegung so bleibt. Der Syrer macht sich mit Gesten verständlich. Es sei hellhörig und zu laut. Goth und Ehmann listen die Schwierigkeiten auf. Viele Menschen, dazu unterschiedlicher Nationen, lebten auf engem Raum. Es gehe um Lärm und darum, dass Bewohner die Gemeinschaftsräume - Küche und Sanitäranlagen - nicht so hinterließen, wie sich das gehöre. Probleme wie in einer großen WG beschreibt, Goth die Lage. Die Stadt lässt einmal am Tag diese Bereiche reinigen.

Infoveranstaltung für Bewohner

Der Hausmeister, extra für die Containeranlagen und die Mühlrainhalle, in der Ukrainer untergebracht sind, eingestellt, sei das Sprachrohr. Er solle mit sensiblen Antennen durch die Einrichtungen gehen, um Stimmungen und Anliegen weiter zu geben, sagt Ehmann. Was beim Zusammenleben in der Anlage zu beachten ist, wie Herd, Waschmaschine, Trockner und Feuerlöscher funktionieren, wo die Fluchtwege sind, das und mehr wird den Bewohnern bei einer Infoveranstaltung am 2. März erklärt.

Ehrenamtliche gesucht

Claus Ehmann (links) und Thomas Goth von der Stadtverwaltung in der Gemeinschaftsküche für die Flüchtlinge. Wie die Geräte bedient werden und dass nach der Nutzung sauber gemacht werden muss, dazu gibt es eine Infoveranstaltung.
Claus Ehmann (links) und Thomas Goth von der Stadtverwaltung in der Gemeinschaftsküche für die Flüchtlinge. Wie die Geräte bedient werden und dass nach der Nutzung sauber gemacht werden muss, dazu gibt es eine Infoveranstaltung.  Foto: Friedrich, Sabine

Die Integrationsmanager des Landkreises haben regelmäßig Sprechstunden im Büro in der Weidachstraße, kümmern sich um die behördlichen Gänge. Wenn die Ukrainer fit für den Alltag sind, werden sich die beiden Flüchtlingsbeauftragten, für die die Stadt eine Vollzeitstelle geschaffen hat, um die Bewohner in der Weidachstraße kümmern, ihnen bei den kleinen Dingen des Alltags zur Hand gehen. "Wir wollen einen Helferkreis aufbauen", informiert Ehmann, dass Ehrenamtliche gesucht werden, die bei der Integration helfen, die Flüchtlinge in die Stadt begleiten, zum Verein mitnehmen oder ein Willkommensfest organisieren.

135 Ukrainer sind aktuell in der Stadt gemeldet, dazu kommen die 48 Flüchtlinge in der Weidachstraße. 14 Ukrainer muss die Stadt noch aufnehmen. Damit ist die Mühlrainhalle dann gefüllt.

Statistik und Investitionen

Vom Baby mit drei Monaten bis zum Erwachsenen mit 61 Jahren reicht die Altersspanne der Bewohner in der Flüchtlingsunterkunft in der Weidachstraße. Es handelt sich um 13 Familien mit 17 Kindern, neun alleinstehende Männer und zwei alleinstehende Frauen. Die größte Gruppe mit 31 Flüchtlingen stellen Syrer dar. Sechs Menschen kommen aus der Türkei, sechs sind staatenlos. Hinzu kommen zwei Iraker sowie jeweils ein Flüchtling aus Afghanistan, Marokko und dem Iran.

Für die Neuanschaffung der Container mit 48 Plätzen zahlte die Stadt 800.000 Euro. Dazu kamen 150.000 Euro an Nebenkosten. 200.000 Euro sind für die gebraucht gekauften Container samt Sanierung einkalkuliert. Sie bieten 14 Zwei-Bett-Zimmer und Gemeinschaftsräume.

 
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