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Ein besonderes Jahr geht in Weinsberg zu Ende

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Gerichtsurteil, Rückzug, Neuanfang – das Thema Bürgermeisterwahl hat dem Jahr 2023 in Weinsberg den Stempel aufgedrückt. Was steht 2024 an?

Der Amtsinhaber und seine Nachfolgerin: Am 19. November wird Birgit Hannemann gleich im ersten Wahlgang zur neuen Bürgermeisterin gewählt. Stefan Thoma geht zum Jahresende vorzeitig in den Ruhestand.
Der Amtsinhaber und seine Nachfolgerin: Am 19. November wird Birgit Hannemann gleich im ersten Wahlgang zur neuen Bürgermeisterin gewählt. Stefan Thoma geht zum Jahresende vorzeitig in den Ruhestand.  Foto: Kunz, Christiana

Kommunalpolitisch richtig spannend war's 2023 in Weinsberg. Das Thema Bürgermeisterwahl macht auch den Jahresanfang 2024 interessant: Am 1. Januar ist Stabwechsel. Nach fast 20 Jahren übergibt Stefan Thoma die Amtsgeschäfte an Birgit Hannemann, die erste Frau in der Spitzenposition im Rathaus.

Fast das ganze Jahr 2023 steht im Zeichen der Wahl. Zunächst geht es noch eine ganze Weile um die alte - also die von 2020. Ende Januar befasst sich das höchste Verwaltungsgericht im Land, der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, mit der Frage, ob die Verwaltungsrichter in Stuttgart 2021 korrekt entschieden hatten, als sie das Weinsberger Votum für ungültig befanden. Die Mannheimer urteilen: Ja, die Kollegen in Stuttgart haben richtig abgewogen. Ja, die Wahl muss wiederholt werden.

Landesweite Schlagzeilen

Die Rechtsprechung verursacht landesweit Schlagzeilen. Der unterlegene Herausforderer Lutz Ronneburg, der geklagt hatte, weil er die Chancengleichheit im Wahlkampf nicht gewahrt sah, frohlockt. Amtsinhaber Stefan Thoma hadert mit sich und der Welt. Es zehrt an ihm, dass er der Leidtragende von Wahlfehlern sein soll, die er nicht zu verantworten hat - von Fehlern, die im Rathaus passiert sind, hinter denen aber nicht einmal die Richter eine Absicht vermuten.

Seltsamer Schwebezustand

Thoma kommt nicht zur Ruhe. Er ruft die höchste Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, an, wohl wissend, dass die Erfolgsaussichten gering sind. Die Entscheidung in Leipzig lässt auf sich warten, weshalb das Mannheimer Urteil nicht rechtskräftig wird. Im Rathaus herrscht derweil ein seltsamer Schwebezustand.

Eine weitere Auseinandersetzung vor Gericht

Nach Monaten des Stillstands schreitet der Neubau des Feuerwehrhauses inzwischen zügig voran. Ende November wird Richtfest gefeiert.
Nach Monaten des Stillstands schreitet der Neubau des Feuerwehrhauses inzwischen zügig voran. Ende November wird Richtfest gefeiert.  Foto: Berger, Mario

Dem Bürgermeister macht noch eine weitere Auseinandersetzung mit seinem Widersacher zu schaffen: Im März treffen die beiden vor dem Amtsgericht in Heilbronn aufeinander. Im Oktober 2022 soll Lutz Ronneburg im Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Landratsamtes den Weinsberger Rathauschef massiv bedroht haben. Ronneburg streitet das ab, die Richterin glaubt aber der Landratsamtsmitarbeiterin und verurteilt den Mann aus Tamm zu einer Geldstraße. Der geht in Berufung, doch eine Entscheidung vor der nächsten Instanz steht bis heute aus: Ein bereits angesetzter Termin im Herbst platzt, weil Ronneburg laut Landgericht nicht verhandlungsfähig ist.

Bloß keine Fehler machen

Ende Juli schließlich ist Thoma so weit, vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen aufzuhören: "Ich habe mich entschieden, mit Ablauf des 31. Dezember 2023 in den Ruhestand zu treten" - unabhängig von einer Entscheidung in Leipzig. Die kommt wenig später und bestätigt, was ohnehin jeder erwartete: dass die Urteile rechtmäßig gefällt wurden. Thoma und Leipzig haben den Weg für eine Neuwahl frei gemacht, Gemeinderat und Verwaltung legen fix Zeitplan und Spielregeln fest. Letztere mit größter Vorsicht: bloß keine Fehler mehr machen.

Eine Auswahl an Kandidaten ist lange nicht in Sicht. Einzig Tobias Kniel wagt sich schon sehr früh aus der Deckung. Am Ende stehen dann aber doch fünf Namen auf dem Stimmzettel der 9690 Wahlberechtigten, von denen am 19. November nicht einmal die Hälfte an die Urnen geht. Einen Namen sucht man übrigens vergebens: Lutz Ronneburg. Der Mann, der im Frühjahr 2020 alles angezettelt hatte, bewirbt sich nicht.

Spekulationen im Vorfeld

Die Kauflandkreuzung wird 2023 um- und ausgebaut.
Die Kauflandkreuzung wird 2023 um- und ausgebaut.  Foto: Seidel, Ralf

Viel wird im Vorfeld über das Wahlergebnis spekuliert, viele sehen Tobias Kniel (39), den Geschäftsführer des Zweckverbandes Breitenauer See, und Birgit Hannemann, die frühere Bürgermeisterin von Erdmannhausen, eng beieinander. Viele gehen davon aus, dass keiner der beiden im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit erringt. Die meisten rechnen mit einer Stichwahl am 10. Dezember. Doch Hannemann macht am 19. November alles klar. Die 44-Jährige holt 52,4 Prozent und verweist Kniel (29,7 Prozent) überraschend deutlich auf Platz zwei. Dieser will nun Bürgermeister von Löwenstein werden. Dort ist am 14. Januar Wahl.

Spannung vor dem Start

In Weinsberg sind alle gespannt, wie die neue Stadtchefin agieren wird. Sie steht vor vielen Herausforderungen: Das Geld ist knapp, das Bildungszentrum platzt aus allen Nähten, weitere Kita-Plätze müssen geschaffen werden. Die Sorge um ein Ausbluten der Innenstadt wächst, die Festkultur will gestärkt sein, man wünscht sich Gastronomie, außerdem die Weibertreu mehr im Fokus, die Teilorte wollen nicht vergessen werden. Langweilig wird es Birgit Hannemann und dem Gemeinderat nicht werden.

Was sonst noch passiert ist

Die "Glückskäfer"-Initiative ist in der Kernerstraße gestartet.
Die "Glückskäfer"-Initiative ist in der Kernerstraße gestartet.  Foto: Krezer, Anja

Neben der Bürgermeisterwahl standen 2023 noch eine ganze Reihe anderer Themen im Fokus: Die rund 15 Millionen Euro teure, jahrelange Generalsanierung des Bildungszentrums wird zur Freude aller Beteiligten abgeschlossen - wohl wissend, dass in absehbarer Zeit viele Millionen folgen müssen, um den steigenden Platzbedarf zu decken.

Eng wird es auch in den Kitas, weshalb vorgesorgt wird: Im Juli eröffnet die Tageseltern-Initiative "Glückskäfer" eine Kleinkindbetreuung in der Kernerstraße. Für einen Parkkindergarten und die Erweiterung des Eugen-Diez-Kindergartens werden die Weichen gestellt.

Ende November wird am rund 20 Millionen Euro teuren Feuerwehrhaus Richtfest gefeiert, ebenfalls im Spätjahr beginnen am Schemelsbergtunnel die vorbereitenden Maßnahmen für den Bau des Rettungsstollens. Schneller als gedacht wird der vielbefahrene Kauflandknoten umgebaut. Seit August kann er mehr Verkehr aufnehmen. In Wimmental geht es im Herbst mit der Frischzellenkur im Dorfkern los, in Gellmersbach werden Riesling- und Kirchstraße zu Baustellen. Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) schließt ein Projekt ab, das sie 13 Jahre zuvor begonnen hat: Sie hat Teile des Burgbergs querterrassiert. Für geflüchtete Menschen werden sowohl an der Weidachstraße als auch neben der Mühlrainhalle Container aufgestellt. Zum Jahresende schließt das Weinsberger Traditionsgasthaus "Zum Hirsch" seine Pforten.

 
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