Jedes Fass hat eine Geschichte zu erzählen
Auf den Spuren eines historischen Handwerks: Fassbodenschnitzer Heinz Theobald ist am Wochenende beim Zunftmarkt in Bad Wimpfen.

Der 632. Zunftmarkt lockt am Wochenende mit traditionellem Handwerk in die Stauferstadt. So auch den Aussteller Heinz Theobald, einer der letzten Fassbodenschnitzer Deutschlands. "Bad Wimpfen ist für mich der direkte Bezug zur Vergangenheit, weil dort die Philosophie unserer Arbeit verkörpert wird", sagt Theobald vor dem Zunftmarkt. "Das ist traditionelles Handwerk wie vor hunderten von Jahren." Bevor es für den Holzkünstler und seinTeam nach Bad Wimpfen geht, zeigt er seinen Arbeitsort in Würzburg und sein größtes Werk in seinem Heimatort Lauda-Köngishofen.
Im staatlichen Hofkeller in Würzburg, 890 Jahre alt, steht ein Teil seiner Geschichte. Seit 30 Generationen lagern in einem weitläufigen barocken Kellergewölbe Weinfässer. Im ehemaligen fürstbischöflichen Residenzweinkeller sind nicht nur seine Arbeiten ausgestellt. Hier schnitzt Theobald auch seine Fässer, "die wahrscheinlich für die nächsten 200 bis 300 Jahre dort aufbewahrt werden.".
Jedes Fass habe eine Geschichte zu erzählen. Theobalds Auftraggeber sind Privatpersonen, Händler, Professoren. Menschen, die sich oder Angehörige mit einem individuellen Wappen oder einer filigranen Verzierung auf einem Weinfass verewigt wissen wollen. Sie werden Fasspaten genannt. Der Gedanke dahinter: "Ein persönliches Fass im staatlichen Hofkeller überdauert die Lebenszeit." Heute ist er mit seinem Nachfolger Sascha Bartmann früh aufgebrochen, denn einiges muss noch für den Zunftmarkt in Bad Wimpfen vorbereitet werden. "Es wäre schön, wenn dieses Kunsthandwerk fortgesetzt werden würde", sagt Theobald mit Blick auf seinen Nachfolger. Die beiden arbeiten derzeit gemeinsam an einem Fass. "Heinz ist für das große Ganze zuständig, sagt Bartmann. "Ich arbeite gerade am Schriftzug." Noch fehle es ihm an der Vorstellung, erklärt Bartmann. Das werde sich schon bald ändern, denn "mit dem hundertsten Fass und nach dreißig Jahren ist Schluss", entgegnet Theobald bestimmt. Was sein Nachfolger bisher geleistet hat, erfüllt Fassbodenschnitzer Theobald mit Stolz: "Es ist toll, dass ich mein Wissen an Sascha weitergeben kann."
Heinz Theobald ist davon überzeugt, dass zum Wein am besten Rockmusik passe. Zu Jimi Hendrix reiche man Rotwein, ebenso zu den Rolling Stones. Der Geschmack von Weißwein käme durch Tina Turner und Kylie Minogue am besten zur Geltung. "AC/DC hat sogar einen Hells Bells Sauvignon und einen Back in Black Shiraz auf den Markt gebracht." Dementsprechend laufen die Schnitzarbeiten ab. Am besten zu den härteren Riffs von Metallica. "Filigrane Arbeiten gelingen gut mit Santana."
Nachfolger Bartmann sieht das ähnlich: "Metallica geht immer." Wie lange Theobald und Bartmann an einem Fass arbeiten, beantworten beide, ohne nachzudenken: "Bis es fertig ist".

Weiter geht es nach Lauda-Königshofen zum Weingut August Johann Sack. Hier steht das gigantische Vermächtnis des Fassbodenschnitzers. Der Fasskolloss, Ende der achtziger Jahre fertiggestellt. erzählt die Geschichte Laudas mit Weinbauern und ihrer Narrenzunft.
Seit Jahren präsentiert Theobald am letzten Augustwochenende sein Handwerk in Bad Wimpfen. Auch die Heilbronner Ärztin Gosia Drodz-Werel ist mit von der Partie. "Seit meiner Kindheit wollte ich Schnitzen lernen", erzählt sie. Auf der Bundesgartenschau habe sie Heinz Theobald kennengelernt. Der lud sie zum Zunftmarkt ein. Sie machte mehrere Schnitzkurse bei Theobald. "Wir zeigen Interessierten, wie das Schnitzen geht. Besucher können sich außerdem ein Wappen aussuchen und direkt am Stand schnitzen lassen. Der Zunftmarkt ist eine besondere Veranstaltung", schwärmt die Ärztin mit dem außergewöhnlichen Hobby. Es gebe sehr viel zu erleben.
Am 26. und 27. August gibt es den 632. Zunftmarkt mit 54 Ständen in der Stauferstadt. Am Samstag findet um 12 Uhr der Einzug der historisch Gewandeten vom Löwenbrunnen zum Blauen Turm statt, bevor der Marktvogt den Markt um 12.15 Uhr eröffnet. Dasselbe gibt es am Sonntag um 11 Uhr. Um 10 Uhr wird ein Gottesdienst in der evangelischen Kirche am Marktplatz gefeiert. Am Samstag hat der Markt von 10 bis 20 Uhr geöffnet, am Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Küfer, Fassbodenschnitzer, Salzsieder und Wipp-drechsler stellen unter anderem ihr Handwerk vor.

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