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Bad Friedrichshall
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Hotel "Sonne" in Bad Friedrichshall gibt Restaurant auf

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Der Gastronomie-Familie fällt die Entscheidung schwer. Hohe Investitionen in die Küche ist einer der Gründe. Auch Fachkräftemangel macht sich bemerkbar. Hotel Garni wird weiter betrieben.

Von Sabine Friedrich
Auf der Postkarte aus dem Jahr 1956 hat das Gasthaus und Pension "Zur Sonne" von Liesel und Richard Hemrich noch den alten Anbau (oben links). Unten ist die Weinstube zu sehen.
Fotos: Dennis Mugler
Auf der Postkarte aus dem Jahr 1956 hat das Gasthaus und Pension "Zur Sonne" von Liesel und Richard Hemrich noch den alten Anbau (oben links). Unten ist die Weinstube zu sehen. Fotos: Dennis Mugler  Foto: Mugler, Dennis

Bei sonnigem Wetter auf der Terrasse zu sitzen bei einem kühlen Getränk und Leckerem auf dem Teller, den Neckar zu Füßen und die malerische Kulisse von Bad Wimpfen vor Augen - das hat sich wie Urlaub angefühlt.

Damit ist es jetzt jedenfalls an dieser Stelle in Bad Friedrichshall vorbei: Das Traditionsgasthaus "Zur Sonne" in Jagstfeld schaltet am Mittwoch, 30. Mai, Herd und Backofen aus, packt Pfannen und Töpfe zusammen. Nach mehreren Generationen in Familienhand geben die Geschwister Hemrich/Schuh die Gastronomie auf. Das Hotel Garni mit seinen 19 Zimmern wird weitergeführt. Ein schmerzlicher Abschied für die beiden Schwestern und den Bruder.

Gäste bedauern diese Entwicklung

"Die Entscheidung fällt uns natürlich schwer", sagt Alexandra Hemrich-Segerath, die als älteste des Trios am längsten, schon seit 24 Jahren, im Familienbetrieb arbeitet. Sie kann ihre Gefühle gar nicht beschreiben. "Ich habe es mir nicht so schlimm vorgestellt." Denn täglich kommen Gäste, die diese Entwicklung bedauern. "Man hat in den Jahren eine Bindung aufgebaut", erklärt Küchenmeister Florian Hemrich. "Der Gast zu Hause bei Muttern", beschreibt er die Philosophie des Gasthauses. Stammgäste hätten hier Taufen, Konfirmation, Hochzeiten gefeiert - über all diese Stationen haben die Wirtsleute die Familien begleitet.

Was ist der Grund, dass die Küche künftig kalt bleibt? "Der Fachkräftemangel", nennt Hemrich als erstes. Hemrich-Segerath, die mit Daniela Schuh für den Service im Restaurant und das Hotel zuständig ist, spricht auch den Investitionsstau in der Küche an. Die Kosten der Modernisierung wären nicht tragbar, sagt der Küchenmeister, zumal auch etwa der Brandschutz für viel Geld auf den neuesten Stand gebracht werden müsste.

Die Ausgehkultur hat sich verändert

Die Geschwister machen einen Wandel in der Gastronomie aus, bedingt durch eine veränderte Ausgehkultur junger Menschen. Hippe Systemgastronomie mache Restaurants mit gedeckten Tischen Konkurrenz. Der Gästestrom sei nicht mehr kalkulierbar. An einem Tag habe man 60 Gäste, am nächsten nur 20 - frische Ware und das Personal müsse man trotzdem vorhalten, sagt Hemrich-Segerath. Bürokratische Hürden und die Allergieverordnung erschwerten den Betrieb.

Daniela Schuh, Florian Hemrich und Alexandra Hemrich-Segerath (von links) im Saal, der für eine Feier eingedeckt ist.
Daniela Schuh, Florian Hemrich und Alexandra Hemrich-Segerath (von links) im Saal, der für eine Feier eingedeckt ist.  Foto: Mugler, Dennis

"Wir können davon existieren, aber nicht investieren", beschreibt die Hotelmeisterin die betriebswirtschaftliche Situation. Solange noch alles gut sei, mache man den Schnitt nach dem Motto: "Wenn es am Schönsten ist, musst Du aufhören."

Der Großteil des Personal hat sich anderweitig orientiert

20 Mitarbeiter, darunter sechs Festangestellte und zwei Lehrlinge, die ihre Ausbildung in Bälde noch abschließen, sind bisher im Familienunternehmen beschäftigt. Ein Teil der Personals wird für den Hotelbetrieb benötigt, fast alle anderen hätten sich schon anderweitig orientiert. Hemrich wird sich nach einer neuen Wirkungsstätte umsehen. Wer von den Schwestern das Drei-Sterne-Hotel weiterbetreibt, stehe noch nicht fest. "Mit der Belegung sind wir sehr zufrieden", sagt Hemrich-Segerath.

Für alle Zeiten ist das Thema Gastronomie in der "Sonne" für die Geschwister allerdings nicht vom Tisch. "Man muss sich ein anderes Konzept überlegen", meint Hemrich. "Wir wissen noch nicht, was die Zukunft bringt", sagt seine älteste Schwester. Erst mal das Kapitel abschließen und sich dann neu orientieren, lautet die Marschroute.

Gatshaus Sonne hat eine lange Tradition

Wie lange es die "Sonne" schon gibt, wissen die Geschwister nicht. 1875 jedenfalls, so erzählt Daniela Schuh, habe der katholische Kirchenchor erstmals im Lokal gesungen, das damals Eugen Keicher gehört hat. Die Großmutter der heutigen Eigentümer, Liesel Hemrich geborene Keicher, hat mit ihrem ersten Mann das Lokal geführt, ehe die nächste Generation, Eugen Hemrich mit seiner Frau Karin, eingestiegen ist. Sie hat Anfang der 1980er Jahre den neuen Anbau in der Deutschordensstraße errichten lassen, in dem heute der Restaurantbereich im Erdgeschoss, die Zimmer im Obergeschoss sind. Der Saal hat sich früher im ersten Stock befunden. Einst ist hier getanzt worden, etwa an der Kärwe.

Zur Gastronomie in Bad Friedrichshall

"Wir bedauern das sehr", sagt Katrin Neumann, Leiterin Stadtmarketing, Tourismus und Kultur bei der Stadt Friedrichshall, zur Schließung des Restaurants des Hotels "Sonne". Eines der Pauschalangebote der Kommune - morgens Stadtführung, Mittagessen in der "Sonne", nachmittags Salzbergwerk - falle damit weg. Dabei sei dieses sehr gut angenommen worden. "Mit der ,Sonne" ist eine Supergastronomie weg", führt Neumann weiter aus. "Das Essen war super, die Lage ist toll." Die "Sonne" in Jagstfeld sei eine Institution gewesen, jeder kenne sie.

In Bad Friedrichshall - einer Stadt mit einer Größe von über 19 000 Einwohnern - gibt es aus Neumanns Sicht "definitiv" zu wenig Gastronomie. "Das, was vorhanden ist, ist super", stellt die Tourismus-Expertin zwar fest. Aber: "Jedes Restaurant, das wegfällt, tut uns weh." Und sie nennt das Beispiel des neuen Wohn- und Geschäftshauses in der Friedrichshaller Straße 4 bis 12 in Kochendorf. Dort sei italienische Gastronomie vorgesehen gewesen. Das habe sich nun zerschlagen, so dass momentan eine Fläche frei sei.

Der Stadtverwaltung sei bewusst, dass es in Bad Friedrichshall ein Defizit in Sachen Gastronomie und Hotellerie gebe. Die aktuell 300 Betten reichten vor allem im Sommer nicht aus, wenn Radtouristen Übernachtungsmöglichkeiten suchten.

Den Mangel habe man erkannt, deshalb werde die Stadt daran arbeiten, ihn zu beseitigen, so Neumann. bif.

 
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