Warum die Reise-Bloggerin Andrea David an Film- und Seriendrehorte auf der ganzen Welt fährt
Ob "Harry Potter", "James Bond" oder "Game of Thrones": Andrea David bereist Drehorte auf der ganzen Welt und teilt ihre Eindrücke mit einer großen Community im Internet. Darüber hat sie jetzt ein Buch geschrieben. Wir haben mit David gesprochen.

Frau David, die meisten Filmliebhaber sammeln DVDs oder gehen regelmäßig ins Kino. Sie aber reisen zu den originalen Drehorten auf der ganzen Welt und nehmen Fotos auf. Wie kommt man auf diese Idee?
Andrea David: Ich war schon immer ein großer Filmfan. Und ich habe Tourismusmanagement in München studiert, war auf der Suche nach einem Thema für meine Diplomarbeit. Ich wollte näher beleuchten, ob Menschen aufgrund von Filmen oder Serien irgendwo hinreisen. Dazu habe ich einige Umfragen in Kinos gemacht und erste Drehorte besucht. Auch um zu sehen, ob und wie die Bekanntheit vor Ort vermarktet wird. Durch die Recherchen habe ich Blut geleckt, selbst regelmäßig an Drehorte zu reisen.
Raubt es einem vor Ort nicht ein wenig die Illusion, wenn man statt der schönen Film-Motive die vielleicht ungeschönte Realität sieht?
David: Das war bei mir noch nicht der Fall. Man taucht eher noch einmal in die Film- und Seriengeschichte ein. Es ist faszinierend, wenn die Orte noch genauso aussehen wie im Film. Mich interessiert auch, wie sich die Landschaft seit dem Dreh gewandelt oder wie die Bekanntheit die Orte verändert hat. Man darf nicht vergessen: Zwischen fünf und zehn Prozent des Tourismusaufkommens weltweit sind film- und serieninduziert. In Deutschland ist das noch ein kleiner Tourismuszweig, obwohl wegen der Serie "Rote Rosen" beispielsweise auch viele Leute nach Lüneburg fahren. Größer ist das in den USA oder Großbritannien, weil dort die bekannteren Produktionen stattfinden. Und auch die Tourismusbranche in diesen Ländern nutzt diese Orte verstärkt für das Marketing.
Wie kommt man an die Informationen, wo genau gedreht wurde?
David: Ich kontaktiere Tourismusbüros, oder ich schreibe die Locationscouts der Filmproduktionen an. Manche sind auskunftsfreudig, manche eher weniger. Bei älteren Produktionen muss man Filmszenen mit Google Street View abgleichen. Es gibt auch Seiten und Foren im Internet. Und ich bekomme viele Informationen und Tipps von meinen Lesern und Followern.
Wie viel Aufwand steckt schlussendlich in einem Bild?
David: Natürlich eine Menge Vorarbeit. Wenn ich eine Reise vorbereite, erstelle ich eine Watchlist, welche Filme ich mir anschaue, damit ich die richtigen Screenshots mitnehme. Das eigentliche Foto dauert circa 15 Minuten. Doch manchmal dauert es länger, bis man den genauen Ort gefunden hat oder den richtigen Blickwinkel, der im Film oder der Serie verwendet wurde. Die Suche macht aber auch sehr viel Spaß.

Welche Reise ist Ihnen am meisten im Gedächtnis geblieben?
David: Landschaftlich beeindruckend aber auch herausfordernd war die Reise nach Wadi Rum in Jordanien, also in die Wüste. Dort wurden viele Filme gedreht, die eigentlich gar nicht auf der Erde spielen, wie "Der Marsianer" oder Szenen auf fremden Planeten in "Star Wars". Oder auch ein Klassiker wie "Lawrence von Arabien".
Wie oft sind Sie für Ihren Blog auf Reisen, und wie finanziert man das alles?
David: Während Corona war vieles anders, und ich war verstärkt in Europa unterwegs. Davor hatte ich fünf bis sechs Drehortreisen im Jahr. Die längeren mache ich meist mit meiner Familie und plane meine Stationen dann in die Reiseroute ein. Dann mache ich auch Pressereisen. Geld verdiene ich wie andere Blogger auch mit Werbung.
Es gibt auch negative Seiten des Filmtourismus. Der bekannte Traumstrand auf der thailändischen Insel Ko Phi Phi Leh aus dem Film "The Beach" musste wegen Massenandrang mehrfach gesperrt werden.
David: Es ist, wie auch beim "normalen" Tourismus, immer Fluch und Segen. Zuviel Tourismus ist auch wieder schlecht, vor allem, wenn Orte völlig unvorbereitet sind. Nicht jeder möchte einen wirtschaftlichen Vorteil aus der vermeintlichen Popularität ziehen, vor allem Privatpersonen. Ich habe Menschen getroffen, die mich gebeten haben, ihre Adresse nicht zu verraten. Und daran halte ich mich dann auch. Das ist ein Ehrenkodex.

In der Filmbranche wird in Zukunft vielleicht verstärkt die Green-Screen- Technologie zum Einsatz kommen, also, dass mehr in Studios als an Originalschauplätzen gedreht wird.
David: Die Befürchtung habe ich nicht, da der Trend in den letzten Jahren auch wieder in die andere Richtung ging. Es gibt Regisseure, die legen großen Wert darauf, vor Ort zu drehen, da kann die Technik noch so ausgereift sein. Bei "James Bond", "Star Wars" oder "Game Of Thrones" wurde auch an Originalschauplätzen gedreht. Ich habe also keine Angst, dass mir die Arbeit ausgeht (lacht). Aber selbst, wenn ausschließlich im Studio gedreht wird, erkennt man die Drehorte trotzdem. Das heißt ja nur, dass die Schauspieler nicht vor Ort waren.
Sie mögen diese Frage sicher nicht. Aber welcher ist Ihr liebster Film?
David: Das ist wirklich nicht meine Lieblingsfrage (lacht). Aber: "Zurück in die Zukunft" nutzt sich für mich nicht ab. Das ist ein Film, den ich in Teenagerjahren zum ersten Mal gesehen habe, da spielt dann auch eine Portion Nostalgie mit rein. Der Film ist gut gealtert.
Zur Person und Buch
Andrea David, Jahrgang 1977, wurde in Schramberg im Schwarzwald geboren. Sie studierte Tourismusmanagement in München. Ihre Leidenschaft für Filme und Reisen führte sie bereits an über tausend Filmdrehorte auf der ganzen Welt und wurde vor acht Jahren zu ihrem Vollzeitjob. Auf ihrem Blog www.filmtourismus.de und auf www.instagram.com verfolgen Hunderttausende Filmfans aus der ganzen Welt ihre Reisen und lassen sich zu eigenen Trips an Filmschauplätze inspirieren. Ihr Buch "Szene für Szene die Welt entdecken" ist in dieser Woche im Conbook Verlag Neuss erschienen (288 Seiten, 19,95 Euro). Andrea David lebt und arbeitet in Hamburg.