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Fulminantes Musical "The Famous Door On Swing Street" im Großen Haus des Theaters Heilbronn

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Das Musical „The Famous Door On Swing Street“ von Wolf/Arenz als  Gastspiel aus Fürth hatte allerhand zu bieten: erstklassige Darsteller, atemberaubende Choreografien und dazu unterhaltsame Swing-Musik. 

Von Andreas Sommer
Mitreißende Choreografien und eine tolle Besetzung: Das Musical „The Famous Door On Swing Street“ ist noch zwei Mal im Großen Haus zu erleben.
Mitreißende Choreografien und eine tolle Besetzung: Das Musical „The Famous Door On Swing Street“ ist noch zwei Mal im Großen Haus zu erleben.  Foto: Guenter Meier (Stadttheater Fuerth)

In solch wolkenverhangenen Zeiten mit Putin-Krieg, Energiekrise und Corona-Frust kommen gut geölte Unterhaltungsmaschinerien zur Ablenkung gerade recht. Das Musical „The Famous Door On Swing Street“, das als Gastspiel des Stadttheaters Fürth am Mittwochabend im Großen Haus Jubelschreie und Beifall im Stehen erntete, ist so ein unverhoffter Glücksbringer. Es hat alles, was ein gutes Musical braucht: wunderbare Swing-Musik, erstklassige Darsteller, atemberaubende Choreografien, brillant in ihrer Präzision und optischen Wirkung, eine Ausstattung mit erheblichem Schauwert und eine effektvoll zupackende Big Band, die den Rhythmus herrlich schweben lässt. 

Lebensgefühl der Swing-Ära

„The Famous Door On Swing Street“, uraufgeführt im Oktober 2020 in Fürth, ist eine Hommage an das Lebensgefühl der Swing-Ära im New York der 30er Jahre. Die Idee dazu hatte der Fürther Big-Band-Leader und Komponist Thilo Wolf, Buch und Songtexte stammen vom Nürnberger Autor Ewald Arenz, die Choreografien von dem gebürtigen Amerikaner Gaines Hall, der auch die Tanzabteilung der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München leitet. 

Wolf legt das Musical als märchenhafte musikalische Zeitreise an. Das deutsch-amerikanische Paar Anna und Mike kommt nach New York, wo er, ein ehemaliger Musiker, eine Karriere als Investment-Banker starten will. Sie will als DJane Fuß fassen, was sich als weitaus schwieriger herausstellt als das Bankgeschäft. Das Paar lebt sich auseinander. Im Plattenladen der mysteriösen Doris, mit der sich Anna anfreundet, gibt es eine Geheimtür, durch die Anna in die Vergangenheit und direkt in die Swing Street ins Harlem der 30er Jahre stolpert. Dort trifft sie den Stepptänzer Pete und steht fortan nicht nur zwischen zwei Zeiten, sondern auch zwischen zwei Männern.

Hintersinniges Spiel

Wolf/Arenz gelingt ein hintersinniges Spiel mit dem faszinierenden Thema Zeitreise, das auch die Popkultur immer wieder beschäftigt hat wie im unsterblichen One-Hit-Wonder „In The Year 2525“ von Zager & Evans. Des öfteren blitzt feine Ironie auf, wenn etwa Doris auf Mikes Frage, wo seine Freundin sei, antwortet: „Aus welcher Zeit kommst Du denn? Mein Auto. Mein Haus. Meine Freundin.“ Auch für den Selbstoptimierungswahn junger Karrieristen in Fitness-Studio oder Restaurant findet die Inszenierung einprägsame Bilder und Lieder wie „Toms Kaloriensong“.

Das pralle Bühnenbild von Lena Scheerer mit diversen Würfelelementen bietet mit wandelbaren Räumen und Projektionen den passenden Rahmen für die Zeitreise in stilechten Kostümen. Zwischen den Big-Band-Powersound streut Thilo Wolf immer wieder ruhige Balladen: Karolin Konert als Anna und Friedrich Rau als Mike beherrschen beides souverän. Konert zeigt die zerbrechliche wie kämpferische Seite Annas mit ihrer kräftigen, samtigen Stimme, Rau steuert ein hörenswertes Solo auf der Bluesgitarre bei.

Zitate deutscher Philosophen

Stimmlich, tänzerisch und schauspielerisch eine Wucht: Bettina Meske als Plattenladenbesitzerin und Türwächterin Doris, die zwischen schroff und mütterlich so unerschütterlich unterwegs ist wie zwischen der Gegenwart und den 30er Jahren. Ein weiterer Publikumsliebling ist der koboldhafte Stephan Luethy als Mikes Bänkerfreund Tom. Er hat gern Zitate deutscher Philosophen auf den Lippen und die Lacher stets auf seiner Seite. Niklas Schurz als Pete aus den 30ern steppt als Student im Masterstudiengang Musical der Everding-Akademie schon wie ein junger Gott. Nicht zu vergessen: die charmanten Swing Sisters Lydia Schiller, Rosa Kramp und Melissa Muther, die mit ihrem stimmlichen Liebreiz à la Andrew Sisters die Inszenierung enorm bereichern. Den Schlusspunkt unter zweieinhalb Stunden beste Unterhaltung setzt ein wildes Finale aus Swing, Rock und Rap. 


Zur Person

Der Jazzmusiker, Pianist, Komponist und Arrangeur Thilo Wolf ist 1967 in Fürth geboren, erhielt seine musikalische Ausbildung im Privatunterricht und studierte in Erlangen Betriebswirtschaft bis zum Prädikatsdiplom. 1992 gründete er die Thilo Wolf Big Band und leitet mit dem Thilo Wolf Jazz Quartett und der Groove Selection weitere Formationen. Thilo Wolf komponiert und arrangiert Musik für Konzertprogramme, Musiktheater und TV-Produktionen. Seine Crossover-Projekte führen ihn auch zu gemeinsamen Konzerten mit Sinfonieorchestern und zu Klassikfestivals.

 

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