Benefiz-Naturkonzert mit dem WKO Heilbronn auf dem Bildungscampus
Als Teil des Projekts "Hauptstadt der Folgenlosigkeit" stehen am Sonntagabend Vivaldis berühmte "Vier Jahreszeiten" auf dem Programm. Eine spannende Weiterentwicklung liefert Komponist Johannes Schachtner, der die populären Violinenkonzerte erweitert hat.

Was die Epoche des Barock mit unserer heutigen Zeit und dem Klimawandel zu tun hat? Friedrich von Borries, Architekt, Autor, Professor für Designtheorie in Hamburg und Spiritus rector des Kunst- und Stadtentwicklungsprojekts "Hauptstadt der Folgenlosigkeit", erklärt vor Beginn des Naturkonzerts des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn am Sonntagabend in der Aula des Hochschulcampus die Zusammenhänge.
"Im Barock hat sich das Verhältnis des Menschen zur Natur geändert. Sie war nicht mehr Teil des göttlich geschaffenen Gefüges, sondern etwas, das dem Menschen gegenübersteht. Die Natur wurde neu entdeckt, erlebt und beherrscht. Man ist sich aber auch ihrer Gefahr und Macht bewusst geworden", sagt von Borries, der dann auf den derzeitigen Paradigmenwechsel überleitet. "Die Natur wandelt sich durch das Eingreifen des Menschen fundamental. Damit verändert sich auch das soziale Gefüge."
Vivaldis Konzerte werden erweitert, nicht verfremdet
Eine Art thematische Klammer bildet das WKO-Benefizkonzert - die Einnahmen kommen einem Grünprojekt in der Heilbronner Innenstadt zu Gute -, das im Rahmen des "Folgenlosigkeit"-Projekts eine Art Denkanstoß geben will. Dirigent und Komponist Johannes Schachtner, der auch die Konzertleitung übernimmt, hat sich Vivaldis "Vier Jahreszeiten" vorgenommen. Oder genauer gesagt: die Sonette, die wohl vom italienischen Komponisten verfasst und im Notentext der vier Violinenkonzerte verzeichnet wurden. In "I Quattro Sonetti Vivaldiani" für Altstimme, Streicher und Cembalo hat sie der 36-Jährige aus München vertont.
Die vier populären Konzerte (eingeteilt in "Frühling", "Sommer", "Herbst" und "Winter"), die sich einen Reim auf haarkleine Details typischer Naturerscheinungen der Jahreszeiten machen, treffen auf Schachtners Neukompositionen, die, mal zeitgenössisch, mal mit barocken Anklängen, Vivaldi nicht verfremden, sondern erweitern, sich harmonisch an Anfang oder Ende der Konzerte einfügen.
Die beiden Solistinnen können überzeugen
Leichtfüßig meistert das Württembergische Kammerorchester die dynamischen Auf- und Abschwünge, die instrumentale Raffinesse bei der Imitation der Naturlaute von Vivaldis Werk aus dem Jahr 1725. Da meint man förmlich, die Zähne klappern zu hören im eisigen "Winter"-Wind des Allegro non molto, spürt die Aufbruchstimmung im Allegro des "Frühlings".
Schachtner liefert dazu mal einen flirrenden, trügerisch in Sicherheit wiegenden Übergang, dann wiederum eine fast schon surreale Untermalung, die klingt, als würde man eine Schallplatte in zu langsamer Geschwindigkeit abspielen. Getragen wird die spannende Melange von zwei starken Solistinnen - der Violinistin Lena Neudauer und der Sängerin Inga Jäger (Alt). Nach etwas mehr als 60 Minuten gibt es viel Applaus vom Publikum in der gut gefüllten Aula und mit dem Allegro aus dem "Frühling" noch eine Zugabe.