Horst Haag stellt im Hohenloher Freilandmuseum das Köhlerhandwerk vor
Die Besucher des Freilandmuseums in Wackershofen sehen, wie ein eigens gebauter Meiler abgebrannt wird, um aus Esche Kohle herzustellen. Dabei lernen sie auch, warum ein Köhler bei blauem Rauch rot sieht.

Die Motorsäge heult auf - aber nur kurz. Ein schneller Schnitt, dann wandert der noch knapp ein Meter lange Eschenscheit behutsam in die knapp eineinhalb Meter hohe und zwei Meter breite Pyramide, die aufgetürmt inmitten der Hofstelle steht. Der Mann mit Jeans und Hosenträgern, auf dessen T-Shirt "Köhler Hebbe" steht, hat ein wachsames Auge. "Das muss möglichst dicht sein!" Er und sein fünfköpfiges Team versuchen jeden Hohlraum zu schließen. "Wir nehmen frisches Holz, hier aus dem Museum. Das muss vorher nicht trocknen." Wenn das Material nass ist, "dann dauert"s eben einen Tag länger".
Seit Freitag ist das Team um Herbert Haag aus Dettingen an der Erms nahe Reutlingen im Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen zu Gast. Der 70-Jährige führt das mehr als 6000 Jahre alte Köhlerhandwerk vor. Haag ist Köhler aus Leidenschaft, er lässt Holz zu Kohle verkoken. "Du musst eigentlich einen Vogel haben, um das zu machen", sagt der Rentner. Denn es handle sich um ein "Drauflegegeschäft". Er mache es nur für die Brauchtumspflege - ehrenamtlich. Damit ist er nicht allein. Mehr als 3000 Mitglieder habe der europäische Köhlerverband, dem er angehört und der seit 2014 immaterielles Unesco-Weltkulturerbe ist.
Ausbildung gibt es nicht

Haag war in seinem bürgerlichen Leben Elektriker. Feuer und Kohle hätten ihn schon als elfjährigen Bub fasziniert. "Mit 58 habe ich es dann das erste Mal selbst gemacht." Eine Ausbildung gebe es zum Köhler und Teerschweler längst nicht mehr. Das Wissen um die Köhlerei sei ihm überliefert worden - von einem anderen Köhler.
Wer mit Herbert Haag über die Details spricht, der merkt schnell, mit wie viel Herzblut er Fachsimpeln kann. Es gehe um die "Verdichtung von Energie". Normales Brennholz hätte, wenn es ordentlich draußen getrocknet wird, noch eine Restfeuchte von mehr als 17 Prozent. "Bei Kohle liegt die Restfeuchte bei einem Prozent." In einem Kaminofen sei daher "erstmal viel Energie nötig, um den Dampf aus dem Holz zu bekommen". Im Kohlemeiler werde bei Temperaturen zwischen 300 und 500 Grad der Zellstoff verbrannt. Der Kohlenstoff bleibe übrig, der erst ab 650 Grad verbrenne. Die Kunst liegt darin, die Meiler-Temperatur darunter zu halten, damit Kohle entsteht, aber nicht verbrennt. Denn das Produkt soll ja als Brennstoff erst später andernorts Verwendung finden.
Schaumeiler soll brennen
In Wackershofen schichtet das Team hierfür einen Schaumeiler mit zwei Kubikmetern Esche auf - in der Baugruppe Waldberge, am oberen Ende des Museumsgeländes. "Manche Kollegen arbeiten mit bis zu 150 Kubikmeter Holz. Dort dauert der Prozess dann wochenlang", so Haag. Er ist übrigens ein Fan von Esche. "Die meisten verlangen Buche, aber Eschenkohle liefert schnelle Hitze, etwa beim Grillen, brennt dafür aber schneller ab."
Auf das Holz kommen Gras und die Lösche. "Das sind Asche, Erde, Sand und kleine Holzkohlestückchen." Ziel sei es, den Meiler nach oben hin abzudichten. Mit ausgesparten Öffnungen kann der Köhler die Abluft regulieren und so die Temperatur steuern. Ob es passt, sieht er am Farbton. "Ist der Rauch blau, sieht der Köhler rot", scherzt Haag. Dann gelange zu viel Sauerstoff in den Meiler. "Gut ist es, wenn er grau-weiß ist, wie beim Papst."
Tag und Nacht auf Temperatur achten

Am Sonntag geben befreundete Alphornbläser ein Konzert, während der Köhler seinen Meiler zündet. "Das muss ordentlich brennen", erklärt der 70-Jährige. Ein etwa 30 Zentimeter breites Glutband fresse sich dann nach unten. "Wenn es unten rausbrennt, ist die Kohle fertig." Bis dahin muss er mit seinem Team Tag und Nacht auf die Temperatur achten. Haag rechnet damit, dass es am Mittwoch soweit ist. Dass der Ruf von Kohle leidet, kann der 70-Jährige indes nicht nachvollziehen. "Ohne Kohle hätte es den Einstieg in die Industrialisierung nicht gegeben. Dann würden wir heute noch mit Holzlöffeln essen." Denn damals habe es noch keine Alternativen wie Gas gegeben, um etwa Eisen zu produzieren.
Voraussichtlich am Mittwoch, 31. August, wird der Kohlemeiler von Herbert Haag ausgeräumt. Die so gewonnene Holzkohle kann dann im Museumsshop des Hohenloher Freilandmuseum in Wackershofen erworben werden.
Stimme.de
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