Historisches Kleinod in Sindringen
Alte Schmiede wurde am internationalen Museumstag als Museum vorgestellt

Als ob Schmied Paul Lutz, wie er es immer tat, drei Mal mit dem Hammer auf den Amboss geschlagen und dann in den Feierabend gegangen wäre, so sah es in der alten Schmiede in Sindringen aus. Jetzt wurde sie als Museumswerkstatt wiedereröffnet, 50 Jahre nachdem Paul Lutz den Hammer weggelegt hatte. Jakob Scharf, der seit dem vergangenen September die Werkstatt konserviert und eine Inventarliste angelegt hatte, sagte bei der Eröffnung: "Hier ist die Zeit mittendrin stehen geblieben, wie eingefroren."
Glück
Es war der tragische, unerwartete Herztod von Paul Lutz im Jahr 1964, der für die Konservatoren zum glücklichen Umstand wurde. Der Kunsthistoriker und Bauforscher Scharf erläuterte: "Konservieren bedeutete hier, den Staub zu entfernen, aber den arbeitsbedingten Ruß dran zu lassen."
Gerd Schäfer, Scharfs Chef vom Büro für historische Bauforschung und Stadtsanierung, sagte: "Konservatoren haben dann ihre Arbeit gut gemacht, wenn man sie gar nicht sieht." In der Sindringer Schmiede sei alles "wie damals". das verdanken die Konservatoren auch Paula Lutz. Sie hatte die Bitte ihres Mannes "Lass" alles, wie es ist" über Jahrzehnte treu erfüllt.
Bürgermeister Uwe Gysin hob bei der Eröffnung hervor, dass Sindringen nun um ein historisches Kleinod reicher sei. "Vor 50 Jahren brannte hier das letzte Feuer, und nun wieder", sagte er. Das kleine Museum sei eine Zeitreise in den Beginn der 1960er Jahre
Auf das Schmiedehandwerk als Wurzel der Industrialisierung im Kochertal wies Ortsvorsteher Thomas Hartmann hin. Er entdeckte Parallelen in den Berufen Schmied und Bürgermeister, die der ehemalige Dörzbacher Schultes Willi Schmitt als Museumsschmied bei der Eröffnung vereinte. "Schmiede und Bürgermeister müssen schmieden, so lange das Eisen heiß ist, und können sich daran auch die Finger verbrennen", schmunzelte Hartmann.
Reiner Breutner erinnerte sich an seine Kinderzeit, als die Schmiede ein Treffpunkt für Bauern aus der Umgebung war: "Zum Lutze Paul isch alles kumma." Rudolf Köhler und Kurt Weißmann erzählten, wie die Mühle auf der einen und Schmiede und Wagnerei im Doppelhaus auf der anderen Straßenseite sich ergänzten: Die Bauern fuhren an die Mühle und konnten gegenüber gleich die Pferde neu beschlagen oder ein Rad reparieren lassen.
Demonstration
Die Museumsschmiede strahlt die Atmosphäre der Arbeitswelt längst vergangener Zeiten aus. Schon 1964 war sie alt gewesen. Willi Schmitt zeigte, wie man Bauklammern anfertigt, die Balken zusammenhalten. "Das waren in der Lehrzeit immer meine ?Lieblingsobjekte", sagte er. Er erklärte auch, wie ein Eisenreifen auf ein Holzrad gezogen wird, richtete, dengelte und wetzte für die Zuschauer eine Sense. Karl Hartmann kommentierte: "Ich mäh" selbst auch immer noch mit der Sense." Das Dengeln sei kein Hexenwerk.
Info
Die Museumschmiede in Sindringen befindet sich in einem 1872 erbauten Doppelhaus gegenüber der ebenfalls als Museum eingerichteten Mühle. Der letzte Schmied Paul Lutz (1919-1964) hatte die Werkstatt 1956 von seinem Vater übernommen. Seine Frau Paula Lutz, die er 1960 geheiratet hatte, gab sie 2011 an die Stadt Forchtenberg ab. Die Inventarliste für die historische Werkstatt enthält 2369 Teile. Informationen zu Besichtigungsmöglichkeiten gibt es bei der Stadtverwaltung Forchtenberg.