Es gibt noch viel Potenzial bei der Biodiversität in Schlossparks der Region
Beim Thema Biodiversität sollen in Hohenlohe künftig auch Schlösser und Hofgärten im Fokus stehen. Ein Expertenteam wertet die Flächen derzeit aus, denn sie haben eine große öffentliche Wirksamkeit.

Isabella Munder von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) treiben die Themen Artenvielfalt und Insektensterben um. Im Rahmen des EU-Life Projektes "Insektenfördernde Regionen" will die BESH als Projektpartner und Betreuerin auch die Insektenvielfalt in der Region Hohenlohe fördern. "Wir sehen Insektenschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an", betont Munder.
Förderung der Insektenvielfalt in Hohenlohe
Die Agrarwissenschaftlerin betreut bei der BESH das ambitionierte Projekt zur Förderung der Insektenvielfalt in der gesamten Region Hohenlohe. Doch nicht nur in der Landwirtschaft und den Mitgliedsbetrieben der BESH sei es in den Augen der Projektleiterin möglich, die Insektenvielfalt zu fördern: So sollen in Hohenlohe künftig auch die Schlösser und Hofgärten aus gutem Grund vermehrt im Fokus stehen. "Die Schlossgärten und Hofgärten in Hohenlohe bergen auf Flächen mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit attraktive Biodiversitätspotenziale. Es können viele Besucher auf dieses wichtige Thema aufmerksam gemacht werden", so Munder.

Vom Erzeuger auf dem Feld bis zum Konsumenten im Laden müsse der Insektenschutz in die Nahrungsmittelwertschöpfungskette neu verankert werden. "Insektenschutz muss nicht nur ein neues Qualitätsmerkmal, sondern bei der Gestaltung von freien Flächen auch ein Schönheitsmerkmal werden." Vor kurzem inspizierte Isabella Munder mit Leon Wurtz vom Projektpartner "Netzwerk Blühende Landschaft" mit Sitz im Zollernalbkreis gemeinsam mit den Verantwortlichen für die Parkpflege und den Gärtnern und Gärtnerinnen vor Ort die Parkanlagen in Bad Mergentheim und Weikersheim.
Auftakt in Bad Mergentheim und Weikersheim
Mit von der Partie war auch Dr. Meike Kirscht, stellvertretende Leiterin des Bereiches Historische Gärten bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. Die Exkursionstour im November in Bad Mergentheim und Weikersheim bildete den Auftakt zu weiteren Hofgartenbegehungen in Hohenlohe. "2022 wollen wir, Stand jetzt, auch die Biodiversitätspotenziale in den Hofgärten in Öhringen und in Kirchberg an der Jagst erkunden", bekräftigt Munder.
Bereits der Auftakt im Hofgarten in Weikersheim verläuft für die Exkursionrunde vielversprechend. Biodiversitätsberater Wurtz sieht beim Rundgang interessante Flächen mit einem hohen Potenzial für die Artenvielfalt. "Explizit ist die Streuobstwiese im Obstgarten mit ihrer artenreichen Blumenwiese ein absoluter Biodiversitätshotspot", schwärmt Wurtz. Seiner Meinung nach müsse die Pflege der Bäume und die extensive Pflege der Wiese unbedingt fortgeführt werden, um die Artenvielfalt zu erhalten. Auch anschließend im Hofgarten in Bad Mergentheim erspäht Wurtz einige wertvolle Biotope. "Hier bestehen bereits interessante artenreiche Wiesen und Feuchtzonen. Bei der Bewirtschaftung der Flächen erhält der Naturschutz bereits eine hohe Gewichtung."
Blühende Wiesen im Schlossgraben ausdehnen
Meike Kirscht macht sich beim Rundgang in den Parkanlagen ebenfalls Notizen. "In Weikersheim könnten konkret die blühenden Wiesen im Schlossgraben ausgedehnt werden und das Mahdregime könnte weiter angepasst werden", meint die Gartenkonservatorin. Eine potenziell vielversprechende Fläche stelle die Böschung zwischen Lustgarten und Obstgarten dar. "Die Böschung könnte mit gebietsheimischen Wildpflanzen, Gehölzen und blühenden Kräutern für die Artenvielfalt noch weiter aufgewertet werden. Im Lustgarten könnten außerdem im Orangerieparterre blühende Staudenrabatten die Wechselflorrabatten ersetzen."
Die Experten sind sich einig, dass bereits kleine Anpassungen beim Bewirtschaftungskonzept der Flächen weitere positive Effekte auf die Artenvielfalt nach sich ziehen. Eine erste Idee kristallisiert sich schon jetzt heraus: ein Netzwerk aus stehengelassenen Blumenwiesenstreifen. "Es geht auch darum, bei der Bevölkerung das Bewusstsein zu schaffen, dass wilde Wiesen und wilde Ecken mit abgestorbenem Pflanzenbewuchs besonders viel Charme besitzen. Und zwar abgesehen von ihrer ökologischen Bedeutung", betont Kirscht. Jetzt in der kalten Jahreszeit würden beispielsweise die abgestorbenen Fruchtstände der Wilden Karde bei Raureif faszinierend wirken.