Politologin: Baerbock ist wieder zurück im Spiel
Die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele ist Professorin an der Hertie School of Governance in Berlin. Im Interview erklärt sie, warum Olaf Scholz im Wahl-Triell besonders staatsmännisch, Annalena Baerbock frisch und Armin Laschet zu hektisch und zu grimmig wirkte.

Frau Römmele, Wie haben Ihnen die drei Kandidaten gefallen? Wie war ihr Auftritt?
Andrea Römmele: Herr Scholz war wie immer – nahe am Scholzomaten. Ruhig, besonnen. Der dunkle Anzug samt dunkler Krawatte wirkte staatsmännisch. Er strahlte Seriösität, Regierungserfahrung aus. Frau Baerbock war frisch, angriffslustig, ganz die Rolle der Oppositionsführerin und teilte auch nach beiden Seiten aus. Herr Laschet ist in die Rolle das Angreifers gerutscht, hat nach allen Seiten ausgeteilt, war aber zu hektisch, guckte auch phasenweise ein wenig zu grimmig und die Angriffe saßen auch nicht immer.
Und inhaltlich?
Römmele: Hier hat Frau Baerbock durchaus Punkte machen können. Sicher in den Themen, Herr Laschet verhaspelte sich hier zunehmend und hat auch eigene Themen eher über den Angriff gesetzt als selbst. Herr Scholz hat seine ganze Regierungserfahrung im Bund ausgespielt. Das Ganze kulminierte dann in einem Satz: 'Hier haben Sie sich jetzt verheddert. Das können Sie gerne zugeben' – das sagte Olaf Scholz zu Armin Laschet beim Thema Innere Sicherheit und Vorratsdatenspeicherung.
Wer konnte am besten eigene Themen setzen?
Römmele: Baerbock und auch Scholz, aber weil sie diese Rolle auch besetzen wollten. Laschet hat zu sehr auf Angriff und Attacke gespielt.
Man erwartet von dem künftigen Kanzler, der künftigen Kanzlerin Führung - auch in Krisen. Wer wirkte hier staatsmännisch bzw. staatsfrauisch und warum?
Römmele: Ganz klar Herr Scholz. Ruhig, auf sich und seine Themen bezogen, die vielen Verweise auf Regierungserfahrung.
Ihr Satz des Abends?
Römmele: Der Anfang, als Herr Scholz sagte, man möge doch bitte die eigenen Stärken hervorheben und nicht die Schwächen des anderen.
Wirkte Laschet in der Art seiner Attacken zuweilen verzweifelt? Drückt sich hier schon eine Art Panikzustand einer Union aus, die ihren Kandidaten beispielsweise auch nur wenig plakatiert?
Römmele: Ganz klar Ja. Er brauchte den game changer, er muss das Momentum drehen, und das hat die Debatte nicht geschafft. Im Gegenteil: die dritte Kandidatin ist wieder zurück im Spiel.