Couchsurfing
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Als Sofa-Surfer um die Welt

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Was genau ist Couchsurfing, wie mache ich das Beste aus meinem Besuch und ist diese Art zu Reisen nicht gefährlich? Stimmt!-Schreiber Johannes berichtet über seine Erfahrungen mit Couchsurfing in Kanada, Norwegen und Deutschland.

Von Johannes Zimmermann
Stimmt!-Schreiber Johannes hat bisher super spannende Erfahrungen mit Couchsurfing gemacht. Fotos: Johannes Zimmermann.
Stimmt!-Schreiber Johannes hat bisher super spannende Erfahrungen mit Couchsurfing gemacht. Fotos: Johannes Zimmermann.

Es ist ein wunderbar warmer Oktoberabend im Jahre 2019, und über dem Hafen von Vancouver geht langsam die Sonne unter. Einige Stockwerke über dem regen Gewusel der Stadt sitze ich mit einem edlen französischen Wein und Schokoladenfrüchten im Whirlpool eines renommierten Fünf-Sterne-Hotels und genieße das Leben. Klingt nach einem teuren Luxus? Ganz im Gegenteil. Für diese Erfahrung zahle ich keinen Cent – es ist meine erste Begegnung mit der Plattform Couchsurfing.

Was ist Couchsurfing?

Zugegeben, ich hatte großes Glück, dass mein Gastgeber in besagtem Hotel arbeitet – sonst wäre mir diese Erfahrung sicherlich nicht möglich gewesen. Aber lass mich dir kurz beschreiben, was es mit Couchsurfing auf sich hat. Die gleichnamige Plattform vernetzt Reisende und Gastgeber auf der ganzen Welt. Das Prinzip ist simpel: Ein Gastgeber bietet dir an, kostenlos auf seinem Sofa zu übernachten. Meistens kommt man auf diese Weise mit Einheimischen in Kontakt und unternimmt gemeinsam etwas in deren Heimatort. Mitglieder der Plattform haben mehr oder weniger ausführliche Profile, in denen sie beschreiben, was sie gerne tun und was ihnen wichtig ist. Ich kann sowohl reisen wie auch selbst Gäste aufnehmen – muss aber nicht beides. Vertrauen ist das Kernprinzip dieser Plattform.

Was muss ich als Reisender wissen?

Der Austausch mit anderen Menschen steht im Vordergrund.
Der Austausch mit anderen Menschen steht im Vordergrund.

Der beste Tipp, den ich geben kann, ist, sich die Profile der potenziellen Gastgeber sehr genau anzuschauen, bevor man ihnen eine Anfrage schickt. Wenn zwei Menschen absolut nicht zusammenpassen, sollte man weitersuchen. Ebenfalls ist es empfehlenswert, sich so früh wie möglich umzuschauen – nicht alle Gastgeber sind gleich aktiv und ich habe schon oft einige Tage auf eine Antwort warten müssen. Viele Mitglieder sind auch inaktiv, antworten gar nicht, sind in dem Zeitraum schon weg oder ausgebucht – das sollte man bereits im Vorfeld einplanen, um nicht enttäuscht zu sein. Im Schnitt habe ich auf acht bis zehn Anfragen eine Zusage erhalten. In großen Städten ist es natürlich sehr viel leichter, Gastgeber zu finden, als auf dem Land.

Was ist Couchsurfing nicht?

Wir Deutschen, und insbesondere Schwaben, sind Weltmeister darin, Schnäppchen zu finden. Für viele mag Couchsurfing erst einmal nach „kostenlosem Urlaub“ klingen. Das ist es nicht. Es stimmt zwar, dass die Gastgeber kein Geld nehmen – doch Couchsurfing ist nicht dasselbe wie eine Ferienwohnung. Die Idee ist, dass Reisende mit Einheimischen in Kontakt treten, gemeinsam Dinge unternehmen, vielleicht gemeinsam die Stadt erkunden, kochen, Spieleabende veranstalten oder einfach gute Gespräche führen. Dabei muss man gar nicht lange bei einem Host bleiben – mein längster Besuch dauerte 2,5 Wochen, mein kürzester nur eine Nacht. Aber selbst, wenn man wirklich nicht viel Zeit zusammen verbringt, kann diese dennoch sehr wertvoll sein. Beispielsweise habe ich einen Norweger in Bergen kennengelernt, mit dem ich abends ein kurzes Eisbad in einem der Fjorde genommen habe.

Wie mache ich das Beste aus meinem Besuch?

Ausnahmslos alle Gastgeber haben sich gefreut, dass ich ihnen mit kleinen Gesten entgegengekommen bin. Sei es, dass ich manchmal die Wohnung geputzt oder ihnen frische Himbeeren gepflückt habe. Manchen habe ich auch einfach nur Geschichten von meinen Reisen erzählt und mich aufrichtig für die Geschichten der Hosts interessiert. Couchsurfing ist ein Geben und Nehmen – nicht im finanziellen Sinne. Es geht darum, miteinander in den Austausch zu treten. Ein Couchsurfer, den ich in Hamburg kennenlernte, studierte dasselbe wie ich, und wir führten ein sehr interessantes Gespräch darüber. Ein kanadischer Couchsurfer nahm mich mit auf eine Wanderung zu seinem liebsten Berg, ich bereitete uns dafür ein paar Lunchboxen vor. Es muss gar nicht viel sein – aber die eigene Dankbarkeit für die Großzügigkeit dieser Menschen auszudrücken ist ein guter Anfang. Ich war am Anfang überrascht, welche Menschen Couchsurfing anbieten. Die meisten haben kaum Geld und leben in kleinen Unterkünften. Bei manchen hatte ich ein eigenes Gästebett, bei manchen eben ein Sofa. Doch bei allen fühlte ich mich wohl. Und das führt mich zu einer der am häufigsten gestellten Fragen:

Ist Couchsurfing nicht gefährlich?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da es sehr davon abhängt, wie gut man die Profile der Gastgeber oder Gäste durchliest. Natürlich gibt es immer mal schwarze Schafe – deshalb hat Couchsurfing mehrere Möglichkeiten eingeführt, um Vertrauen zu entwickeln. Die wohl wichtigste sind Rezensionen – nach einem Besuch schreiben sich Gastgeber und Reisender ehrliches Feedback, welches öffentlich im Profil angezeigt wird. Viele gute Rezensionen sind hier ein wichtiges Gütekriterium. Auch können sich Mitglieder über ihren Personalausweis und ihre Adresse verifizieren. Wenn ich auch nur die kleinste Unsicherheit im Bezug auf ein Profil spüre, schicke ich keine Anfrage. Persönlich habe ich noch keine negativen Erfahrungen gemacht, einer meiner Gastgeber in Vancouver meinte, bei über 700 Menschen, die er gehostet habe, sei nur ein einziger dabei gewesen, den er nicht noch einmal aufnehmen würde.


Mein Fazit

Couchsurfing ist kein Luxusurlaub, sondern eine Abenteuerreise. Du weißt nicht, was dich erwartet, und du kannst es auch nicht planen. Ein Host im Norden Kanadas nahm mich in seinem Pickup-Truck spontan mit auf eine Polarlichtexpedition, und wir fuhren über einen zugefrorenen See. Mitten auf dem See picknickten wir dann unter den grünen, tanzenden Lichtern am Himmel. Ein anderer lud mich ein, ihn bei seinem Urlaub nach Seattle zu begleiten, da sein Reisebegleiter spontan abgesprungen war. Die wahrscheinlich wichtigste Fähigkeit, um Freude mit Couchsurfing zu haben, ist Flexibilität. Es können sich sehr spontan die wunderbarsten Dinge ergeben, und du solltest auch kein Problem haben, wenn dein Host um sechs Uhr morgens das Haus verlassen muss, während du noch schläfst.

Wer gerne neue Menschen kennenlernt und wirklich in die Kultur eines anderen Landes oder auch innerhalb Deutschlands eintauchen will, für den ist Couchsurfing eine großartige Gelegenheit. Das Netzwerk ist auch relativ sicher, wenn man sich an einige Grundregeln hält, beispielsweise Profile gut zu lesen und kurzen Texten sowie wenig Bildern zu misstrauen. Wer sich auf der Plattform anmeldet, erhält außerdem noch eine ganze Liste an Dingen, auf die zu achten ist. Es gehört ein gewisser Vertrauensvorschuss dazu – doch die Erfahrungen, mit denen du dafür belohnt wirst, sind es definitiv wert.

 




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