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Kofi Annan und Joschka Fischer in Langenburg

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Ein Nobelpreisträger und ein britischer Thronfolger, der Deutsch spricht: Eine hochkarätige Konferenz in Langenburg bietet den Teilnehmer viel Ungewöhnliches. Im Kern des Symposiums geht es aber um Stadtentwicklung - auch in Baden-Württemberg.

Von Wolfgang Jung, dpa
Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg (links) empfängt den ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan. Fotos: Christoph Schmidt
Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg (links) empfängt den ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan. Fotos: Christoph Schmidt

Für einen Moment ist es auf Schloss Langenburg bei Schwäbisch Hall wie in den dramatischen Momenten der Weltpolitik um die Jahrtausendwende. Gespannt lauscht Joschka Fischer der Grundsatzrede, die Kofi Annan gerade mit seiner markanten sonoren Stimme hält. Aber Langenburg ist nicht New York, und der stuckverzierte Saal ist nicht der Plenarsaal der Vereinten Nationen.

Es geht nicht um die Kriege im Irak und Syrien: der frühere UN-Generalsekretär Annan und Ex-Bundesaußenminister Fischer (Grüne) diskutieren an diesem sonnigen Juni-Tag über die Zukunft der Megastädte, mitten in der Provinz. Warum gerade hier, das erklärt Fischer mit viel Gefühl in der Stimme. Als Heranwachsender hat er eine Zeit lang in Langenburg gewohnt, bevor die Familie weiterzog.

Seitdem habe sich nicht alles, aber vieles geändert im „Ländle“, sagt der 69-Jährige. Aus seinem Mund klingt das Synonym für Baden-Württemberg fast wie ein Kosename. „Falls jemand gesagt hätte, dass die Grünen einmal das Bundesland regieren - niemals hätte ich das geglaubt“, sagt Fischer. Der Saal lacht, Kofi Annan lächelt.

Aufruf zu umweltbewussterer Stadtentwicklung

Auch wenn es beim hochkarätigen Symposium Langenburg Forum diesmal nicht um internationale Krisen geht - der Friedensnobelpreisträger von 2001 hat das Talent zur eindringlichen Ansprache nicht mit dem Amt verloren. Mit Nachdruck ruft er die internationale Gemeinschaft zur Zusammenarbeit bei einer umweltbewussteren Stadtentwicklung auf. Kommunen seien Wachstumsmotor, aber auch oft Konfliktherd. „Wir sitzen alle im selben Boot“, ruft der den etwa 100 Zuhörern zu, darunter sind viele Stadtentwickler und Kommunalpolitiker aus Baden-Württemberg.

Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan (links), und der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen).
Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan (links), und der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen).

Vieles kommt zur Sprache - zum Beispiel autonomes Fahren, also maschinengesteuerte Fahrzeuge, etwa in Stuttgart, Ulm, Karlsruhe. Auch der Ausstieg von Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen wird diskutiert. „Bedauerlich“ sei dies, sagt Annan von der Bühne herunter. Dass der US-Präsident so vehement die heimische Kohleförderung unterstütze, statt auf erneuerbare Energien zu setzen, sei kurzsichtig. Wieder wirkt es „wie früher“ - als der gebürtige Ghanaer als Generalsekretär von vielen für Klarheit geschätzt wurde.

Die wirklich Mächtigen in New York ließen ihn jedoch immer wieder auflaufen, so dass er weder den Irakkrieg verhindern noch den Weltsicherheitsrat reformieren konnte. Annan scheiterte sogar damit, dem heutigen russischen Außenminister Sergej Lawrow 2003 das Rauchen im UN-Gebäude zu verbieten. Er, Annan, sei nur ein Angestellter der Vereinten Nationen und nicht der Besitzer des Gebäudes, sagte Lawrow.

Fischer: Hohenlohe ein ländlicher, aber auch erfolgreicher Raum

Kofi Annan hält beim «Langenburg Forum» für Nachhaltigkeit eine Rede. Das Forum im Schloss lädt zur Debatte über die «Transformation von Megastädten» ein.
Kofi Annan hält beim «Langenburg Forum» für Nachhaltigkeit eine Rede. Das Forum im Schloss lädt zur Debatte über die «Transformation von Megastädten» ein.

Globalisierungsdebatten in der Provinz: Joschka Fischer, einer der Organisatoren des Forums, findet kaum einen Platz geeigneter. „Hohenlohe ist ein ländlicher Raum, aber auch ein erfolgreicher Raum“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. „Viele Firmen aus dieser Region sind Weltmarktführer, das heißt: abhängig von Exporten und von Technologieentwicklung in der weiten Welt. Diese Verbindung der großen Entwicklung mit der kleinteiligen Realität beschäftigt uns.“

Noch einmal weht der Wind der Weltpolitik durch das Renaissanceschloss, als eine Videobotschaft von Prinz Charles abgespielt wird. Eindringlich wirbt der britische Thronfolger für eine Energiewende auch in Städten. Für dieses Anliegen wechselt er sogar die Sprache. „Ich freue mich, eine Gelegenheit zu haben, Ihnen eine Nachricht zu senden“, sagt der 68-Jährige in gutem Deutsch.

 

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