Vitalisierender Jazz mit Herzblut gemacht
Andreas-Hertel-Trio gibt ein Gastspiel im Haus an der Walk

Kultur Hohenlohe
Von Renate Väisänen
ÖHRINGEN Ihm hat Toots Thilemans zu Lebzeiten Können und Musikalität bescheinigt. Sie war für ihren Lehrer, den renommierten Jazz-Bassisten und Grammy-Preisträger Ray Brown, schlicht und einfach "Lady Bass". Jetzt haben sich die Jazzer Jens Bunge, Mundharmonika, und Lindy Huppertsberg, Kontrabass, mit dem Wiesbadener Pianisten Andreas Hertel zum gleichnamigen Trio vereint. Um einem der größten Jazzmusiker seiner Zeit Tribut zu zollen: dem belgischen Musiker Jean-Baptiste Frédéric Isidor, "Toots", Thilemans. Die Jazz-Legende, die im Sommer vergangenen Jahres starb, machte die chromatische Mundharmonika zu seinem ureigenen Instrument.
Mit des Meisters Stück "Bluesette" gibt das Trio seinen fulminanten Einstand. Sanft und rund klingen die Töne, die der ordinierte Pfarrer aus seinem Instrument zaubert und in seelenvollen Tonreihen in die Welt hinaus schickt. Mit der kleinen Schwester des Akkordeons verjazzt der Frankenthaler, ganz im Sinne des Komponisten, den Valse Musette und verleiht ihm dabei eine schwermütige Note. Dazu die dunkel timbrierten Töne von Huppertsbergs tiefbraunem Kontrabass unter dem perlenden, tonisierenden, melodiösen Spiel Hertels, der mit flinken Fingern virtuos über die Tastatur des Klaviers tanzt. Zwischenapplaus für die Künstler.
Spielfreude In einer gepflegten Jazz-Ekstase schwelgen Bass und Klavier in Edgar Sampsons Jazz-Standard "Stompin‘ at the savoy" bis der Mundharmonikaspieler einsetzt, das Thema abstrahiert und die gewonnene Essenz variiert und spielfreudig improvisiert. Auf einer gemeinsamen musikalischen Ebene vereinen sich anschließend Bunge und Hertel zum verwegen pulsierenden Zupfen der Lady am Bass, die im atemberaubenden Tempo die Rhythmen wechselt, sie wie assoziative Gedanken aneinanderreiht, die kaum einzufangen sind. " Also, ich bewundere, wie er das macht auf seiner chromatischen Mundharmonika", begeistert sich Hertel für das Spiel seines Kollegen, " Mal muss er blasen und dann wieder ziehen." Hertel müsse auf seinem Klavier die richtigen Tasten treffen, gibt Bunge das Kompliment an den Pianisten weiter. Huppertsberg blickt auf ihren Kontrabass: "Und ich hab‘ ja nur vier Saiten", meint die Künstlerin von internationalem Renommee bescheiden.
Eigenkompositionen Dass er melodischen Jazz im Herzen hegt, bekennt der Pianist, bevor sich das Trio an Hertels Eigenkompositionen macht. Und beweist, dass er mit seinen Stücken, die mal bluesig bis swingend, mal balladesk bis tänzerisch oder episch bis nachdenklich daher kommen, wie unaufgeregt inspirierend, vitalisierend und dennoch spannungsreich und pulsierend Modern Jazz zu sein vermag. Mit viel Beifall und anerkennenden Kommentaren werden die brillanten Musiker von den rund 40 Gästen im Haus an der Walk bedacht. Ihre mit reichlich Herzblut gemachte, seelenvolle Jazzmusik hat die Zuhörer auf ihre Seite gebracht.