Nach Tortenwurf auf Gall: Prozess gegen Angeklagten startet in Öhringen
Um den Wurf mit einer Himbeer-Sahne-Torte auf Landes-Innenminister Reinhold Gall (SPD) geht es am Donnerstag, 25. September, um 9.30 Uhr im Amtsgericht Öhringen.

Vor Gericht steht ein inzwischen 20-jähriger junger Mann, der im Hohenlohekreis aufgewachsen ist. Er soll im Februar Innenminister Gall (58) bei einer Podiumsveranstaltung der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg mit der Torte beworfen haben. Hintergrund: Der Mann, der der antifaschistischen Szene angehört, wollte damit offenbar medienwirksam Kritik daran üben, dass die Landesregierung seiner Meinung nach nicht gründlich genug die Verbindungen der rechten Terrorgruppe Nationalsozialistischer Hintergrund (NSU) nach Baden-Württemberg aufkläre.
2000-Euro-Buße
Das Amtsgericht Öhringen hatte auf Antrag der Staatsanwaltschaft Strafbefehl erlassen. Der Tortenwerfer sollte wegen Nötigung und versuchter Körperverletzung eine Geldbuße von 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen. „Hätte er diesen Strafbefehl akzeptiert, wäre er verurteilt“, erklärt Strafrichter Lutz Göpfert. Und zwar ohne großes Aufheben, ohne Öffentlichkeit.
Widerspruch
Der Beschuldigte legte gegen den Strafbefehl jedoch Widerspruch ein. Nun wird der Fall vor Gericht aufgerollt. Mit viel Öffentlichkeit. Allerdings ohne Innenminister Reinhold Gall als Zeuge. „Er steht nicht auf meiner Ladungsliste“, sagt Göpfert. Zu Details der Verhandlung konnte er gestern wenig Auskunft geben. „Mir liegt die Akte noch nicht vor. Die ist noch beim Verteidiger.“ Gall selbst hatte keine Anzeige erstattet. Die Staatsanwalt ermittelte dennoch, weil sie Kenntnis von der mutmaßlichen Straftat erhielt. „Der Legalitätsgrundsatz verlangt dies“, erklärt der Richter.
Krankenhaus
Gleich zu Beginn der Veranstaltung war die Torte auf Gall geflogen. Sein Anzug war verschmiert, im Krankenhaus ließ der Innenminister sich untersuchen und Teile der Süßspeise aus dem Ohr entfernen. Der Tortenwerfer wurde festgenommen. Kurz darauf bekannte sich eine Gruppe „Heilbronner Konditorei für konsequente Aufklärung“ zu dem Tortenwurf.
Auf ihrer Internetseite ruft die „Rote Hilfe Heilbronn“ nun zur kritischen Beobachtung des Prozesses auf und wirbt für Solidarität mit dem Angeklagten. Er müsse klar werden, dass er mit seiner Forderung nicht „alleine dasteht“. Im Verfassungsschutzbericht 2013 ist die „Rote Hilfe“ unter dem Kapitel Linksextremismus aufgelistet. Die Gruppe, deren Mitgliederzahl in Baden-Württemberg auf rund 400 geschätzt wird, unterstütze politische Aktivisten in ihrem gewaltsamen Kampf gegen die bestehende Ordnung und zweifele die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland an, heißt es dort. tsch/cf