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Instrumentenbauer Michael Zinßer: Warum Musiker weltweit auf diesen deutschen Handwerker setzen

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Der 49-jährige Michael Zinßer aus Hohenlohe repariert Blasinstrumente mit Leidenschaft. Über 1000 Instrumente hat der frühere Werkzeugmechaniker schon instand gesetzt.

Aus der Werkstatt auf die Bühne: Michael Zinßer repariert den Schalltrichter einer Trompete. Über 1000 Instrumente hat er bereits wieder instand gesetzt.
Aus der Werkstatt auf die Bühne: Michael Zinßer repariert den Schalltrichter einer Trompete. Über 1000 Instrumente hat er bereits wieder instand gesetzt.  Foto: Ben Ferdinand

Als der Besuch die Werkstatt betritt, schrickt Michael Zinßer kurz auf. Zu vertieft war er in die Arbeit an einem Bariton. Er legt das Instrument zur Seite und räumt Ventile und Schrauben vom Tisch. Jetzt hat der gelernte Metallblasinstrumenten- und Schlagzeugmacher Michael Zinßer kurz Zeit. „Ich habe viel zu tun, wir waren ein paar Tage im Urlaub“, erklärt er entschuldigend. In ganz Hohenlohe und darüber hinaus schätzt man Zinßers ruhige Hand bei der Reparatur von Blechblasinstrumenten. Sogar Profimusiker aus Israel finden den Weg in Zinßers Werkstatt, die sich im Öhringer Lohweg in einem ehemaligen, ausgebauten Melkstand befindet.

„Musik war schon immer mein Hobby und hat mich einfach fasziniert“, sagt Zinßer, der ursprünglich den Beruf des Werkzeugsmechanikers erlernt hat. Ein unglückliches Ereignis führte ihn schließlich zu seiner heutigen Erfüllung: „Ich hatte ein Burnout und wusste nicht, was ich noch machen kann“, erzählt der 49-Jährige nachdenklich. Er entschied sich für eine Ausbildung zum Metallblasinstrumenten- und Schlagzeugmacher und wurde sogar Kammer- und Landessieger.

Instrumentenbauer Michael Zinßer überzeugt mit seinem Handwerk

„Als Werkzeugmechaniker war ich nur ein kleines Zahnrad in einem großen System. Jetzt mache ich alles von Anfang bis Ende selbst“, sagt Zinßer freudig. Sein selbstgebautes Gesellenstück, ein Cornet – eine kleinere Trompete – steht neben seinem Arbeitsplatz. Für den Laien mag es einen sauberen Ton haben, doch Zinßer verzieht beim Spielen das Gesicht. „Der Abstand der Quarte ist zu groß“, bemängelt der Vollblutmusiker seinen Selbstbau. Mittlerweile hat er sich ganz dem Reparieren und Instandsetzen von Blechblasinstrumenten verschrieben.

Löten, ölen, schrauben und entkalken: Die Pflege eines Instruments erfordert einiges an Zeit und Wissen.
Löten, ölen, schrauben und entkalken: Die Pflege eines Instruments erfordert einiges an Zeit und Wissen.  Foto: Ben Ferdinand

Mit der Unterstützung seiner Frau Dorothea, die sich um die Buchführung kümmert, führt er heute erfolgreich seine eigene Werkstatt. Er versteht sein Handwerk: lötet, ölt, schraubt und beult die Blechinstrumente aus. Einige Instrumente in seiner Werkstatt sehen aus wie neu. Über 1000, schätzt Zinßer, hat er bereits wieder instand gesetzt. Das bleibt nicht unbemerkt: Profimusiker aus Israel haben ihm schon Instrumente zur Reparatur geschickt. Auch der Profi-Tubist Andreas Martin Hofmeir ließ seine Tuba „Fanni“ in Zinßers Werkstatt richten und lobte den Hohenloher öffentlich auf der Bühne: „So gut lief die noch nie“, habe Hofmeir gesagt, erzählt Zinßer stolz.

Arbeiten wie vor 200 Jahren

Die Corona-Pandemie hat den Posaunenchören und Musikvereinen in der Region zugesetzt. Viele Musiker haben aufgehört, und es mussten ortsübergreifende Spielgemeinschaften gegründet werden, wie beispielsweise die Posaunenchöre von Öhringen und Pfedelbach. Weniger Musiker gleich weniger Aufträge? Zinßer bleibt gelassen: „Weniger Aufträge? Davon merke ich nichts.“

Nach ein paar Handgriffen ist der Schalltrichter wieder wie neu.
Nach ein paar Handgriffen ist der Schalltrichter wieder wie neu.  Foto: Ben Ferdinand

Für eine Reparatur braucht Zinßer im Schnitt drei bis vier Stunden, „wobei es natürlich darauf ankommt, was beschädigt ist“, sagt er. Am anstrengendsten sei die Reparatur der Zugposaune. „Beim Zug muss alles genau stimmen. Eine kleine Macke macht einen fast verrückt“, sagt er lachend. Seine Arbeit habe sich in den letzten Jahren technisch kaum verändert. „Im Grunde genommen arbeite ich wie die Instrumentenmacher vor 200 Jahren“, sagt er. Dennoch gibt es immer wieder Neuerungen an den Instrumenten. Detailliert beschreibt Zinßer die Überblasklappe an einer Trompete. Sie hilft, hohe Töne präziser zu treffen. Es scheint, als gäbe es nichts, was Zinßer über Blechblasinstrumente nicht weiß.

Ein Klassik-Experte auf dem Hardrock-Festival

Ganz ohne Musik geht es bei Michael Zinßer wohl nicht – auch nicht im Urlaub nicht. Doch es gibt ein Problem: „Wenn ich klassische Musik höre, denke ich immer an die Arbeit“, sagt Zinßer, der deshalb eine ungewöhnliche Entspannungsmusik bevorzugt. „Ich höre gerne Rock und Heavy Metal. Dabei kann ich abschalten“, sagt er. So ging es im Urlaub kurzerhand mit seiner Frau Dorothea zum Hardrock-Festival in Wacken.

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