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Neckarsulmer Entwicker klagt: Audi droht wieder Ärger

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Der suspendierte Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung bei Audi in Neckarsulm klagt vor dem Arbeitsgericht Heilbronn. Seine Anwälte haben brisantes Material gegen den Konzern in der Hand.

Von Manfred Stockburger
In Neckarsulm wurden die großen Dieselmotoren entwickelt. Foto: Audi
In Neckarsulm wurden die großen Dieselmotoren entwickelt. Foto: Audi

Kaum hatte sich Audi bei den Dieselgate-Juristereien in den USA mit einer Milliardenzahlung und einem blauen Auge aus der Affäre gezogen, gibt es neuen juristischen Ärger in der Dieselaffäre. Hier vor Ort: Der suspendierte Leiter der Neckarsulmer Dieselmotorenentwicklung versucht, auf dem Umweg über das Arbeitsgericht auf seinen Chefsessel zurückzukehren.

Er möchte mit seiner Klage beweisen, dass er ein "Bauernopfer" gewesen sei, wie sein Anwalt Hans-Georg Kauffeld es formulierte, und dass Vorstandschef Rupert Stadler viel früher über die Diesel-Schummeleien Bescheid wusste. Mehrfach habe sein Mandant vergeblich darauf gedrängt, die vom Konzern mittlerweile eingestandene illegale Deckelung der Harnstoffeinspritzung zu stoppen. Das soll aus Dokumenten hervorgehen, die er dem Gericht vorgelegt hat.

Vorwürfe gegen Stadler sind konkret

Wie konkret die Vorwürfe gegen Stadler sind, macht ein Beispiel deutlich: Als Vorsitzender des Steuerungskreises habe Rupert Stadler spätestens am 27. November 2012 im Bild gewesen sein müssen, dass die Fahrzeuge "nicht mehr den mit den Behörden ausgehandelten Zulassungsbedingungen entsprechen". Das soll aus einem Dokument hervorgehen, aus dem der Anwalt des Beurlaubten nach übereinstimmenden Berichten des "Handelsblatts" und der "Stuttgarter Zeitung" bei einer Verhandlung vor dem Stuttgarter Landesarbeitsgericht zitierte.

Insgesamt fünf Aktenordner mit brisanten Dokumenten liegen dem Anwalt Hans-Georg Kauffeld vor, der gegenüber der Heilbronner Stimme auf den nächsten Gerichtstermin kommenden Dienstag verwies, bei dem er weitere Details aus den Akten ausführlich darlegen werde. Anders als beim Stuttgarter Landesarbeitsgericht, das wie schon die erste Instanz die Eilbedürftigkeit einer Entscheidung verneinte und die Berufung des Diesel-Ingenieurs ablehnte, geht es dabei um die Sache: Muss Audi den Beurlaubten wieder an seinen Schreibtisch lassen?

Wie offen wurde intern kommuniziert?

Laut "Handelsblatt" betont Kauffeld zudem, dass bei Audi "intern immer Transparenz" geherrscht habe über die Software zur illegalen Reduzierung des Harnstoffgemischs. Diese Darstellung deckt sich dem der Klageschrift des US-Bundesstaats New York. Dort steht, dass sich Martin Winterkorn als damaliger Audi-Chef und sein Nachfolger im Posten des VW-Vorstandsvorsitzenden, Matthias Müller, in seiner damaligen Funktion bei Audi bereits im Juli 2006 mit der fehlenden Kapazität des Harnstofftanks befasst hätten.

In dem im Januar unterzeichneten Schuldanerkenntnis des VW-Konzerns ("Statement of Facts") gegenüber den US-Behörden heißt es, dass durch die Verringerung der Harnstoff-Menge eine Verkleinerung des Kofferraums vermieden worden sei, die den Vertrieb der Fahrzeuge mit dem großen Dieselmotor in den USA erschwert hätte.

Tatsache ist auch, dass der Kläger seine Position bei Audi erst im Frühjahr 2012 antrat, als die von den US-Behörden beanstandeten Motoren bereits fertig entwickelt waren: Sie wurden ab dem Modelljahr 2013 eingesetzt.

Audi gibt sich unbeeindruckt

Bei Audi gibt man sich angesichts der neuen Vorwürfe des Chefingenieurs unbeeindruckt. "Die Kanzlei Jones Day hat sich in umfassenden Interviews und Untersuchungen mit diesem Thema beschäftigt", heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Dabei sei kein Stein auf dem anderen geblieben. "Das veröffentlichte Statement of Facts gibt die gewonnenen Erkenntnisse und Fakten über die Entstehung und Entwicklung der Dieselverfehlungen wieder." Darüber hinaus könne man keine Angaben machen.

 

Großer Andrang beim Prozess erwartet

Das Heilbronner Arbeitsgericht hat gestern die Verhandlung am Dienstag vorsichtshalber in einen größeren Saal verlegt, weil die Richter mit einem großen Interesse an dem Fall rechnen.

 

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