Würth holt Vertriebsmann an die Spitze
Generationswechsel: Robert Friedmann soll im nächsten Jahr Walter Jaeger als Konzernchef ablösen
Am vergangenen Freitag hat der Beirat der Würth-Gruppe der Ernennung zum 1. Juni 2005 zugestimmt. Friedmann ist ein klassisches "Eigengewächs" der Hohenloher -- auch wenn seine Karriere nicht als Schraubenverkäufer begann. Direkt nach seinem Studium, das er an der Indiana University als Master of Business Administration (MBA) abgeschlossen hat, stieg Friedmann 1992 bei Würth ein - als Assistent des Spitzenmanagers Rolf Bauer, den er nach wie vor als sein Vorbild bezeichnet.
Trotz seiner akademischen Karriere ist Friedmann kein Fremdkörper in der eher bodenständigen Würth-Welt: Er hat sich auf dem zweiten Bildungsweg nach oben geschafft. "Ich war nie ein sehr guter Schüler", verrät der gebürtige Lindauer. "Ich habe mir das alles hart erarbeiten müssen." Noch während der Lehre zum Industriekaufmann ("Das kann's doch nicht gewesen sein") hat er schon wieder Abendkurse belegt. Auch an der Pforzheimer FH hielt es ihn nicht lange. Von dort aus wechselte der Vertriebsspezialist nach Indiana, wo er seine Liebe zu Amerika noch vertieft hat.
Dennoch schlug er nach seinem Studium Angebote namhafter US-Firmen aus und kam stattdessen nach Künzelsau. Nach seiner Assistentenzeit bei Rolf Bauer, bei der er an Projekten der strategischen Unternehmensentwicklung mitwirkte, wurde er 1997 in die Geschäftsführung der Stuttgarter Würth-Tochter Hahn + Kolb berufen.
Seit 1. April ist Friedmann Mitglied der Konzernführung, der außer ihm und Jaeger auch Bettina Würth (42), Dr. Harald Unkelbach (57) und Rolf Bauer (60) angehören. Die Konzernführung ist für die strategische Ausrichtung des Konzerns und für die Finanzen verantwortlich. Die Chefs der operativen Einheiten bilden die 24-köpfige Führungskonferenz, die quasi die zweite Managementebene des Konzerns mit mehr als 42 000 Mitarbeitern bilden. Friedmann, der im Heilbronner Raum wohnt, ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Früher, sagt der eloquente Manager, habe er in seiner Freizeit "a bissle Golf" gespielt. Jetzt hat - wenigstens in seiner Freizeit - die Familie Priorität.
Dr. Walter Jaeger wird Mitte 2005 nach 25 Jahren bei Würth in den Ruhestand wechseln. Von Haus aus Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, hatte Jaeger als Konzernchef in erster Linie die Finanzen verantwortet. Unter anderem machte der Öhringer das Familienunternehmen kapitalmarktfähig und eroberte das für ein Handelsunternehmen sehr gute "A-outlook-stable-Rating" der Agentur Standards & Poor's. Das ist wichtig, weil Würth seine Expansion unter anderem über Unternehmensanleihen finanziert. Unter seiner gide ist der Umsatz von 1,05 auf 5,45 Milliarden Euro gestiegen. Reinhold Würth hatte Walter Jaeger 1989 an Bord geholt, Konzernchef ist er seit 1994.
Während Walter Jaeger operativ die unbestrittene Nummer 1 im Unternehmen ist, übernimmt der Beiratsvorsitzende Reinhold Würth in der Repräsentation der Gruppe nach außen nach wie vor wesentliche Aufgaben. So hat sich das Bundeskabinett im Januar in der Berliner Repräsentanz der Hohenloher zum Jahresessen getroffen. Walter Jaegers Nachfolger soll künftig verstärkt auch in die repräsentative Funktion hineinwachsen und Aufgaben im marketing- und verkaufsnahen Bereichen der Konzernführung übernehmen.