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CO2-Kompromiss: Autobranche befürchtet Erdbeben

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VW-Chef Diess kündigt nach dem EU-Kompromiss zur CO2-Reduzierung einen weiteren Umbau des Unternehmens an: Mindestens jeder vierte neue VW muss 2030 nun ein Elektroauto sein. Die Hohenloher EU-Abgeordnete Evelyne Gebhardt hält den Kompromiss für vernünftig

Von Manfred Stockburger
Die Vorgaben sind schärfer, als die Autoindustrie und die Bundesregierung dies ursprünglich wollten. Foto: dpa
Die Vorgaben sind schärfer, als die Autoindustrie und die Bundesregierung dies ursprünglich wollten. Foto: dpa  Foto: Marijan Murat

Die Autoindustrie läuft Sturm gegen den EU-Kompromiss, nach dem der CO2- Ausstoß der Fahrzeuge im nächsten Jahrzehnt um weitere 37,5 Prozent reduziert werden muss. 2021 dürfen Fahrzeuge im Flottendurchschnitt maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen.  Für Kleintransporter sehen die neuen Regeln eine Absenkung um 31 Prozent vor.

Bernhard Mattes, der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), befürchtet nun eine Schwächung des Industriestandorts Europa und die Gefährdung von Arbeitsplätzen. Nach Einschätzung des europäischen Herstellerverbands ACEA steht der gesamten Branche ein Erdbeben bevor. Die Industrie hatte sich für eine Absenkung der Grenzwerte um maximal 30 Prozent stark gemacht. „Das wäre unter bestimmten Bedingungen umsetzbar gewesen“, sagte Mattes, der Impulse für neue Technologien vermisst – und die Erfolgsaussichten des EU-Ziels in Frage stellt: „Klimaziele sind nur dann wirksam, wenn sie erfüllbar sind“.

VW investiert rund 30 Milliarden Euro

VW-Konzernchef Herbert Diess kündigte einen weiteren Umbau des Unternehmens an. Die bisherige Planung sei von einer Reduzierung der CO2 Ziele um 30 Prozent ausgegangen. Dafür investiere der Konzern in den kommenden fünf Jahren rund 30 Milliarden Euro. „Die Verschärfung würde für den Konzern in Europa bis 2030 zu einem über 40-prozentigen Anteil von E-Fahrzeugen am Gesamtabsatz führen“, sagte er. Das bisherige Umbauprogramm reiche dafür nicht aus.

Als mögliche Konsequenzen nennt er den Entfall weiterer Verbrenner-Angebote, was wiederum einen deutlicheren Umbau der Werksstrukturen nach sich ziehen würde. Im Herbst 2019 werde der Konzern eine überarbeitete Planung vorlegen. „Völlig ungeklärt sind in diesem Zusammenhang auch die Erzeugung umweltfreundlichen Stroms sowie die notwendige Lade-Infrastruktur.“

Audi spricht von einer Zielverfehlung 

Audi verwies auf Stimme-Anfrage auf die Stellungnahme des VDA, weil die gesamte Branche betroffen sei. Der Vorsitzende des Betriebsrats bei Audi, Rolf Klotz, hält die verabschiedeten Ziele für "überzogen". Klotz teilte mit: "Ich hätte mir gewünscht, dass die europäischen Volksvertreter vor allem auf der Zeitschiene eine optimale Formel für Klimaschutz, technische Machbarkeit und Beschäftigungssicherung aufstellen." Stattdessen habe die Europäische Union der angeschlagenen deutschen Automobilindustrie eine organisierte Zielverfehlung vorgesetzt. Seiner Ansicht nach fehlt in der aktuellen Diskussion um CO2-Emmissionen "weiterhin eine Gesamtbetrachtung von Ursache und Wirkung über das Automobil hinaus".

Gebhardt fordert schnelle Innovationsschritte

Für Evelyne Gebhardt (SPD) ist der Beschluss hingegen „ein vernünftiger Kompromiss“, mit dem sowohl der Gesundheit der Menschen und dem Klimaschutz Rechnung getragen würden, als auch dem Schutz der Arbeitsplätze in der für Deutschland so wichtigen Industrie. „Bei den Technologien werden erhebliche Fortschritte gemacht. Elektroautos und die Brennstoffzelle werden es ermöglichen, die Grenzwerte zu erreichen“, ist die Hohenloher Abgeordnete und Vizepräsidentin des EU-Parlaments überzeugt.

Gebhardt hatte sich im Vorfeld der Entscheidung unter anderem beim Audi-Betriebsrat in Neckarsulm informiert. „Ich fordere die Autoindustrie auf, diese Innovationsschritte nun schnell zu machen, damit sie den Anschluss an die Konkurrenz nicht verliert“, sagte sie der Heilbronner Stimme.

Throm hält die Forderung der EU für überzogen

Für Gebhardts Forderungen hat Alexander Throm (CDU) kein Verständnis. Er kritisiert die Einigung der EU-Staaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission über neue Zielvorgaben für die CO2-Emissionen von Autos scharf. Er sieht den Automobilstandort Deutschland in Gefahr, denn: "Die wirtschaftliche Stabilität in unserer Region ist in besonderem Maße von solchen politischen Entscheidungen abhängig, sodass wir uns Realitätsferne bei diesem Thema nicht erlauben dürfen", so Throm. Die Forderung der EU bezeichnet er als "überzogen".

 

 

 

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Kommentare

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Hans-Ulrich Wagner am 18.12.2018 16:48 Uhr

Kann mir bitte mal jemand erklären, wie das real möglich sein soll? Bis jetzt habe ich noch keine einzige Ladestation - außer auf Fotos - gesehen. Außerdem herrscht bezüglich Steckertypen und Ladeleistung das Chaos. Es gibt 14
Steckertypen und 12 verschiedene Ladeleistungen. Zudem ist die Gewinnung der Rohstoffe alles andere als umweltfreundlich und noch ungewiss, wie lange die Rohstoffe für viele Millionen Auto-Akkus reichen. Meiner Meinung nach, führt die Elektromobilität in die Sackgasse.

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Peter Henschel am 18.12.2018 16:11 Uhr

Das anze wird immer schizophrener!
http://peter-henschel.de/?p=16733

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