Stimme+
Heilbronn
Lesezeichen setzen Merken

Viele Haushalte in Heilbronn sind tief in den roten Zahlen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Einerseits gibt es in Heilbronn viele wohlhabende Menschen, aber gleichzeitig auch überdurchschnittlich viele Arme. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aufgrund des wachsenden Bedarfs bekommt die Stadt eine neue Stelle in der Schuldnerberatung.

Heilbronn: Eine prosperierende Stadt, in der es trotz Wohlstand auf der einen Seite überdurchschnittlich viele überschuldete Menschen gibt. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Archiv/Seidel
Heilbronn: Eine prosperierende Stadt, in der es trotz Wohlstand auf der einen Seite überdurchschnittlich viele überschuldete Menschen gibt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Archiv/Seidel  Foto: Seidel

Heilbronn bekommt eine neue Stelle in der Schuldnerberatung: Diese teilen sich Awo und Aufbaugilde je zur Hälfte. Das beschloss der Verwaltungsausschuss in der jüngsten Sitzung. Hintergrund ist der stark gestiegene Bedarf. Bislang gibt es bei der Awo 1,4 Stellen, davon 0,9 von der Stadt finanziert, bei der Aufbaugilde eine Stelle, die zur Hälfte kommunal finanziert ist.

Obwohl die Neckar-Stadt prosperiert, leben hier überdurchschnittlich viele verschuldete Menschen, deutlich mehr als im Rest Baden-Württembergs. Zwölf Prozent macht der Anteil dieser Verbraucher aus, deutschlandweit sind es zehn Prozent, im Landkreis Heilbronn sieben. "Die Zahl für Heilbronn ist erschreckend", sagte Ulrike Morschheuser von Bündnis 90/die Grünen. Denn die Kommune hält damit einen Negativrekord im Land. "Heilbronn ist eine Arbeiterstadt und hat viele Arme, das wird hier wieder deutlich", sagte Aufbaugilde-Geschäftsführer Hannes Finkbeiner abseits der Sitzung. Er freute sich über das rege Interesse der Stadträte an dem Thema und die Nachfragen.

 


Mehr zum Thema

Negativ-Kontostand von 6.844,16 Euro auf einem Kontoauszug. Im Vergangenen Jahr suchten mehr Menschen wegen finanzieller Schieflage die Hilfe von Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen.
Stimme+
Region
Lesezeichen setzen

Wenn Menschen in der Region die Schulden über den Kopf wachsen


Prävention bleibt weiter wichtig

Prävention in der Schuldnerberatung bleibt weiter wichtig, erfuhren diese. "Die Menschen haben sich vielleicht zwei, drei Jahre mit dem Problem herumgeschlagen, bevor sie zu uns kommen", berichtete Ralf Unger von der Awo im Sozialausschuss.

Niedriglohn ist einer der Gründe, in finanzielle Schieflage zu geraten

Lang anhaltender Niedriglohn ist einer der Gründe, in finanzielle Schieflage zu geraten. Dieser Bereich stieg mit annähernd 180 Prozent im Vergleich zu anderen Auslösern am stärksten. Weitere Ursachen sind Arbeitslosigkeit, Krankheit, Sucht, Unfälle, unwirtschaftliche Haushaltsführung, Tod und Scheidung. Das Gros der Überschuldeten ist zwischen 40 und 50 Jahre alt, dicht gefolgt von den 30- bis 40-Jährigen.

Bei den Schulen möchte die Awo ansetzen

Dringenden Handlungsbedarf sehen die Schuldnerberater in der Vorbeugung. Zwar gab es bislang Informationsveranstaltungen für Menschen mit Migrationshintergrund und im Mehrgenerationenhaus sowie mit verschiedenen Bildungsträgern. "Aber wir würden gern aktiver auf die Schulen zugehen, wir sehen hier eine große Notwendigkeit", sagte Ralf Unger von der Awo.

 


Mehr zum Thema

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes sind Mietschulden in Ostdeutschland deutlich weiter verbreitet als im Westen.
Stimme+
Meinung
Lesezeichen setzen

Meinung: Folgen des permanenten Geldmangels sind fatal


Oft fehlen Grundkenntnisse

Oft fehlten den Betroffenen Grundlagenkenntnisse im Bank- und Kreditwesen und der Überblick über die finanzielle Situation. Auch öffentliche Gläubiger wie etwa das Jobcenter, wenn es Arbeitslosengeld zurückfordere, seien eine "Herausforderung".

Dass die Schuldnerberatung einen ökonomischen Nutzen für die Gesellschaft habe, bekräftigte Anja Niems von der Awo. Kommunen würden durch so entlastet, Sozialausgaben präventiv begrenzt. Gemeinsam mit dem Schuldner gelte es, eine Lebensperspektive zu entwickeln, einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen und weitere Hilfen zu vermitteln. "Das ist oft schwer, wenn die Luft zum Atmen fehlt, weil eine Krebsdiagnose kommt und man von heute auf morgen vor dem Nichts steht," so Niems.

2020 mussten die Beratungsstellen 405 Menschen aus Kapazitätsgründen abweisen

Die Not wächst: Mussten die Beratungsstellen in Heilbronn 2016 aus Kapazitätsgründen 254 Menschen abweisen, waren es 2020 insgesamt 405. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu Covid 19 hat ergeben, dass sich die Finanzen bei 30 Prozent der Befragten verschlechtert haben. Überrepräsentiert sind Frauen, besonders Alleinerziehende, von Kurzarbeit Betroffene sowie geringfügig Beschäftigte in Gastronomie und Einzelhandel. Stolz ist man in Heilbronn auf die kurze Wartezeit auf eine Beratung.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben