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Umbau auf Schloss Horneck in Gundelsheim geht voran

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Herta Daniel ist Bundesvorsitzende der Siebenbürger Sachsen, war in dieser Woche Gast beim Neujahrsempfang des Kreisverbandes im Heilbronner Rathaus. Im Interview spricht Daniel über Europa, die Rentenproblematik und den Ausbau des siebenbürgischen Kulturzentrums in Schloss Horneck in Gundelsheim zu einer Begegnungsstätte.

Von Hans-Jürgen Deglow
Herta Daniel mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (links) und Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen. Foto: dpa
Herta Daniel mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (links) und Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen. Foto: dpa

Herta Daniel, seit 2018 Bundesvorsitzende der Siebenbürger Sachsen, war in dieser Woche Gast beim Neujahrsempfang des Kreisverbandes im Heilbronner Rathaus. Daniel, 1952 in Hermannstadt geboren, äußert sich im Interview über Europa, die Rentenproblematik und den Ausbau des siebenbürgischen Kulturzentrums in Schloss Horneck in Gundelsheim zu einer Begegnungsstätte.

 

Frau Daniel, Sie selbst sind Siebenbürger Sächsin und in Hermannstadt geboren. Was bedeutet Heimat für Sie?

Herta Daniel: Heimat hat für mich verschiedene Ebenen: eine materielle oder räumliche - der Ort, die Umgebung - und eine immaterielle Ebene, sozusagen eine geistige Heimat. Zu der geistigen Ebene zählt die Muttersprache, der Glaube, die Kultur, die Traditionen, die Wertvorstellungen, soziale Beziehungen und ähnliches. Dadurch, dass meine immaterielle Heimat sehr fest in mir verwurzelt war, konnte ich mich nach meiner Ausreise aus Siebenbürgen hier in einer anfangs fremden Umgebung schnell zurechtfinden und aktives Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, ohne mich selber aufzugeben.

 

Haben Sie den Eindruck, dass die Integration der Spätaussiedler gelungen ist beziehungsweise gelingt?

Daniel: Anstelle von Integration verwende ich den Begriff Beheimatung, da ich diesen für die Spät-/Aussiedler passender finde. Ja, diese ist gelungen! Spät-/Aussiedler sprachen bei ihrer Ankunft in Deutschland die gleiche Muttersprache, hatten die gleiche Religion, Kultur und Werte. So war die Eingliederung in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben ohne Schwierigkeiten möglich, zumal die Berufsausbildungen, zum Beispiel Lehre oder Studium, die sie aus den Herkunftsgebieten mitbrachten, mit denen in Deutschland gleichwertig sind.

 

In traditioneller Tracht: Teilnehmerinnen eines Trachtenumzuges der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl (Bayern).
Foto: dpa
In traditioneller Tracht: Teilnehmerinnen eines Trachtenumzuges der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl (Bayern). Foto: dpa  Foto: Timm Schamberger

Wie viele Siebenbürger Sachsen sind 2018 und in den Jahren zuvor nach Deutschland gekommen?

Daniel: In den Jahren 2010 bis 2017 sind laut Bundesverwaltungsamt insgesamt 119 Personen aus Rumänien in Deutschland registriert worden, davon 7 im Jahr 2016 und 2017 lediglich 4. Für 2018 liegen noch keine Zahlen vor.

 

Auf Bundesebene gibt es nun erstmals ein Heimatministerium. Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Belange ernster genommen werden? Was wünschen Sie sich von der Politik?

Daniel: In diesem Bundesministerium geht es um die Heimat Deutschland. Im Zentrum der Aufgaben des Bundesheimatministeriums steht die Entwicklung des Landes. Dazu zählen die Schaffung von gleichwertigen Lebensverhältnissen und die Revitalisierung strukturschwacher Räume. Es wird eng mit verschiedenen weiteren Ministerien zusammengearbeitet, etwa beim Internetausbau, bei Finanzhilfen, Strategien gegen den demografischen Wandel oder Behördenverlagerungen. Ein Ziel ist dabei, einem Stadt-Land-, Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle entgegenzuwirken. Und das betrifft alle Bürger Deutschlands, nützt also auch den von unserem Verband vertretenen Landsleuten.

 

Ist es gut, dass der Heimat-Begriff nun politisch institutionalisiert ist?

Daniel: Dadurch ändert sich für uns nichts. Der Begriff Heimat ist nie aus unserem Fokus verschwunden. Wir laden seit Jahrzehnten immer zu Pfingsten zu unseren Heimattagen ein und dieser Einladung folgten in den letzten Jahren jedes Mal rund 20.000 Menschen, oft wurde diese Zahl auch überschritten. In den Leitmotiven dieser Veranstaltungen war der Begriff Heimat immer wieder zu finden.

 

Sie haben mit zwei anderen Verbänden eine Resolution zum Fremdrentenrecht unterzeichnet. Wurde die Resolution schon überreicht im Berlin, und wann treffen die Verbände die Kanzlerin?

Daniel: Diese gemeinsame Resolution zur Beseitigung der Ungerechtigkeiten bei Spät-/Aussiedlerrenten ist in der Ausgabe unserer Verbandszeitung erschienen und die Resonanz war durchwegs positiv. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass auch Landsmannschaften der Vertriebenen, deren Mitglieder durch ihr Kriegsfolgeschicksal von diesen Kürzungen der Renten nicht betroffen sind, uns Unterstützung zugesagt haben.

 

Sehen Sie Bewegung in dieser Frage?

Daniel: Auf politischer Ebene sehe ich überhaupt keine Bewegung, deshalb war ja diese gemeinsame Resolution der zwei Landsmannschaften und unseres Verbandes nötig. In den Reihen unserer Mitglieder ist das anders: Diese Resolution ist sehr begeistert aufgenommen worden.

 

Die Europawahl steht bald an. Was wünschen Sie sich für Europa?

Daniel: Bei der Europawahl denke ich in erster Linie daran, dass Europa uns unsere Heimat Siebenbürgen zurückgebracht hat. Durch den Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union sind wir mit Siebenbürgen näher verbunden. Wir, die Siebenbürger Sachsen, werden unsere Arbeit als Brückenbauer zwischen Ost und West weiter fortsetzen und ausbauen. Da das aber nur in einem geeinten Europa funktioniert, wünsche ich mir für Europa eine Stärkung der Einheit, und nicht eine Schwächung durch Zersplitterung.

 

Die Union wetteifert mit der AfD um die Gunst der Spätaussiedler und Heimatvertriebenen. Wie bewerten Sie diesen Wettstreit? Ihr Vorgänger warnte gar vor einer Unterstützung der AfD.

Daniel: Unser Verband ist politisch ungebunden und verfolgt weder unmittelbar noch mittelbar politische Ziele. Die CDU wird sicher viele Wähler gewinnen, wenn sie den Forderungen der oben genannten Resolution nachkommt.

 

Noch eine Frage zum Siebenbürgischen Kulturzentrum in Schloss Horneck. Wie kommt der Umbau beziehungsweise Ausbau zu einer Begegnungsstätte voran?

Daniel: Im September 2018 begann der Umbau von Schloss Horneck mit Elektroarbeiten im ganzen Schloss, um nachfolgende Gewerke gefahrlos ausführen zu können. Es wurde eine Gasleitung gelegt und die Heizanlage von Öl auf Gas umgestellt. Das Pförtnerhaus wurde komplett renoviert und zum 1. Dezember 2018 vermietet. All dies war nur möglich durch kompetente ehrenamtliche Leistungen in vielen Bereichen. Daher fällt die bisherige Bilanz sehr positiv aus.


Spätaussiedler fordern Angleichung der Renten

Die Landsmannschaften der Banater Schwaben und der Deutschen aus Russland sowie der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland beklagen eine Benachteiligung der Spätaussiedler und Vertriebenen im Rentensystem - und fordern nun die Bundesregierung in einer gemeinsamen Resolution zum Handeln auf. Das Risiko der Altersarmut müsse mit "geeigneten Maßnahmen" abgemildert werden, heißt es.

Herta Daniel, Bundesvorsitzende des Volksbundes der Siebenbürger Sachsen, sagte unserer Redaktion: "Auf politischer Ebene sehe ich überhaupt keine Bewegung, deshalb war ja diese gemeinsame Resolution der zwei Landsmannschaften und unseres Verbandes nötig. In den Reihen unserer Mitglieder ist das anders: Diese Resolution ist sehr begeistert aufgenommen worden." Daniel hatte in dieser Woche am Neujahrsempfang der Kreisgruppe Heilbronn im Heilbronner Rathaus teilgenommen, rund 120 Gäste kamen zu der Veranstaltung.

Im Kern des Streits geht es um die Anrechnung von im Herkunftsland erworbenen Rentenansprüchen auf Fremdrenten. Diese Anrechnungen von im Ausland gezahlten Beiträgen, die nicht in die deutsche Rentenkasse flossen, hatte die CDU-geführte Regierung nach der Wiedervereinigung zurückgefahren. 1991 wurde ein Abschlag der nach dem Fremdrentengesetz ermittelten Entgeltpunkte in Höhe von 30 Prozent beschlossen, 1996 wurde der Abschlag auf 40 Prozent erhöht. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) begründete 1996 die Senkung der Aussiedlerrenten damit, dass das Ziel, Vertriebene und Spätaussiedler in das Rentensystem einzugliedern, erreicht sei.

Gegner einer Änderung des Fremdrentengesetzes argumentieren auch damit, dass die Leistungen für Spätaussiedler nicht auf geleisteten Beiträgen, sondern auf der Solidarität der Versichertengemeinschaft beruhen. Gerade dann müsse jede Erweiterung dieser Leistungen gegenüber den Beitragszahlern besonders zu rechtfertigen sein. Die Verbände sind offenkundig frustriert, dass Änderungen auf sich warten lassen. Zumindest hat CSU-Chef Markus Söder Handlungsbedarf erkannt.

Und der Heilbronner CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Throm erklärte: "Ich halte es für richtig, dass wir eventuelle Nachteile im Rentenrecht für Spätaussiedler ausgleichen." Dafür setze er sich in der AG Aussiedlerfragen in der Unionsfraktion ein. Diese habe das das Thema auf die Agenda der Großen Koalition gesetzt. Throm: "Ich erwarte, dass wir dazu dieses Jahr einen entscheidenden Schritt weiterkommen."

Der Heilbronner SPD-Bundestagabgeordnete Josip Juratovic sieht indes keine Spielräume. Er sagte: "Für die SPD ist es eine wichtige politische Aufgabe, dass niemand in Altersarmut versinkt. Zugleich müssen wir grundsätzlich Gerechtigkeit herstellen zwischen Beitragszahlern und Leistungsempfängern. Aus dem Grund sehen wir derzeit keine Handlungsmöglichkeit." 

 
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