Das ist die Treibhausgas-Bilanz der Gemeinden in der Region
Die CO2-Emissionen haben 2019 in Baden-Württemberg ersten Schätzungen zufolge abgenommen. Im Stadtkreis Heilbronn sinkt der Treibhausgas-Ausstoß langsam, im Landkreis und Hohenlohekreis steigt er eher an.
Gute Nachrichten hört man selten in Bezug auf das Wort CO2, doch dieses Mal gibt es wohl einen positiven Trend zu verzeichnen: 2019 war der Treibhausgas-Ausstoß in Baden-Württemberg ersten Rechnungen zufolge auf einem Rekordtiefstand. Das Statistische Landesamt schätzt, dass im letzten Jahr ungefähr 71,6 Millionen Tonnen Treibhausgase im Land ausgestoßen wurden. Dazu zählt insbesondere das Kohlendioxid CO2. Im Vergleich zu 2018 ist dieser Wert 6,4 Prozent niedriger, im Vergleich zu 1990 sind die Emissionen sogar um 19,7 Prozent gesunken.
Für die Region gibt es noch keine aktuellen Zahlen. Die CO2-Bilanz aus dem Jahr 2017 zeigt jedoch schon deutlich, in welche Richtung sich Stadt- und Landkreis Heilbronn und der Hohenlohekreis bewegen.
Emissionen in Industrie und Landwirtschaft reduziert
Landesweit ist die Zu- beziehungsweise Abnahme der Emissionen in den einzelnen Sektoren interessant: Während sie in der Industrie und Landwirtschaft im letzten Jahr sanken, blieb der Wert im Verkehrssektor fast gleich, und im Bereich Haushalte, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen stieg er an.
In der Landwirtschaft könnte das laut Statistischem Landesamt damit zusammenhängen, dass wegen des Dürresommers weniger gedüngt wurde und es eine neue Düngeverordnung gab, durch die die Stickstoffdüngung reduziert wurde.
Der Rückgang in der Industrie um 3,6 Prozent hat nach der Analyse der Behörde etwas mit der schwächeren Konjunktur im Vergleich zu 2018 zu tun. Die erhöhten Emissionen im Haushaltsbereich führt das Landesamt unter anderem auf billigere Brennstoffpreise zurück.
Steinkohleeinsatz sinkt, erneuerbare Energien werden wichtiger
Am stärksten sank der Ausstoß von CO2, Methan und Lachgas im letzten Jahr bei der Erzeugung von Strom und Wärme, und zwar um 4,8 Millionen Tonnen beziehungsweise 27,8 Prozent. Das Statistische Landesamt erklärt das dadurch, dass Steinkohle immer weniger zum Einsatz kommt. Die CO2-Zertifikate im EU-Handel seien teurer geworden, im Vergleich zu 2018 hätten sich die Preise für die Zertifikate mehr als verdoppelt, und so würden Kohlekraftwerke unwirtschaftlicher. Der Effekt: Strom und Wärme werden verstärkt aus erneuerbaren Energien und Gas gewonnen.
Generell werden erneuerbare Energien in Baden-Württemberg wichtiger. 31,5 Prozent des Stroms im Land wird nun aus erneuerbaren Quellen gewonnen, 7,6 Prozent mehr als 2018.
Treibhausgas-Ausstoß in Heilbronn nimmt tendenziell ab
Genaue regionale Zahlen gibt es für 2019 noch nicht. Die Aufschlüsselung nach den einzelnen Gemeinden und Städten wird mit einer gewissen Verzögerung berechnet. Unserer Redaktion liegen also nur die Zahlen von 2017 aus dem Stadt- und Landkreis Heilbronn und dem Hohenlohekreis vor. Aber auch sie zeigen Trends auf. Zwischen 2016 und 2017 hat der Treibhausgas-Ausstoß im Stadtkreis Heilbronn um 4,8 Prozent abgenommen.
Emissionen im Landkreis und Hohenlohekreis steigen
Im Landkreis Heilbronn hingegen nahmen die Emissionen um 1,8 Prozent zu, in Hohenlohe um ein Prozent. Besonders klar wird die Entwicklung im Bereich Kraftwerke und Industrie sichtbar: Während die Emissionen in diesem Bereich in der Stadt Heilbronn von 2016 auf 2017 um 5,7 Prozent sanken, verzeichneten der Landkreis Heilbronn und der Hohenlohekreis einen Anstieg von elf beziehungsweise 6,1 Prozent.
Tatjana Kampffmeyer vom Referat Umweltbeobachtung, Energie und Umweltökonomische Gesamtrechnungen des Statistischen Landesamtes hat eine Erklärung: "Die Steinkohleverstromung geht zurück." Der Bereich Industrie und Kraftwerke sei wegen des Kohlekraftwerks in Heilbronn ein großer Faktor für die CO2-Bilanz der Stadt. Dort gehen die Emissionen aber schon seit 2013 zurück. Das mache dann natürlich auch viel bei der Gesamtentwicklung aus. "Im Landkreis Heilbronn und im Hohenlohekreis wurden 2017 mehr fossile Energien eingesetzt im Vergleich zum Vorjahr, daher die Emissionszunahme", sagt Kampffmeyer. Auch die industriellen Emissionen seien dort gestiegen, während sie im Stadtkreis zurückgingen.
Heilbronn und Neckarsulm haben sehr unterschiedliche Werte
Auf der regionalen Karte ist Heilbronn mit 23,5 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Einwohner und Jahr trotzdem im oberen Emissions-Bereich. Verwunderlich ist, dass Neckarsulm mit 5,8 Tonnen vergleichsweise gut dasteht, obwohl die Stadt mit Audi und anderen großen Firmen Industriestandort ist. „In Neckarsulm sind kaum energieintensive Industrien ansässig“, erklärt Kampffmeyer.
Viele Firmen wie die Schwarz-Gruppe hätten dort hauptsächlich ihre Verwaltungen und Logistik, keine industrielle Produktion. Und letztendlich sei auch die Kfz-Produktion bei Audi lange nicht so energieintensiv wie das Heilbronner Kohlekraftwerk. Dieses lag 2017 bei einem CO2-Ausstoß von etwa 2,4 Millionen Tonnen, während Neckarsulm im Bereich Kraftwerke und Industrie nur 31 636 Tonnen CO2 emittierte.
Allgemein herrschen zwischen den Kommunen und Städten im Land große Unterschiede: von 1,2 bis zu 205 Tonnen pro Einwohner und Jahr. Die Höhe ist hauptsächlich davon abhängig, ob an einem Standort Kohlekraftwerke sind. So lässt sich erklären, warum Stuttgart 2017 im Vergleich zu Heilbronn, Mannheim und Karlsruhe mit nur 4,9 Tonnen Treibhausgase pro Einwohner besser dastand.
Die baden-württembergische Landesregierung hat beschlossen, die Emissionen im Land bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent zu senken. Dieses Ziel hat sie trotz der positiven Entwicklung in den letzten beiden Jahren noch nicht erreicht: Dafür müsste der Ausstoß um weitere 6,6 Prozent reduziert werden, also um 4,7 Millionen Tonnen.
Positiver Trend wird 2020 vermutlich bleiben
Wegen der Corona-Krise rechnet das Statistische Landesamt aber damit, dass sich der positive Trend auch 2020 weiterentwickeln wird. Der Verkehr habe über Monate hinweg abgenommen, die Industrieproduktion sei während der Krise stark eingebrochen. Auch ein milderer Winter in diesem Jahr könnte den Energieverbrauch in den Haushalten senken. Die Entwicklung in der Energiewirtschaft gehe zudem weiter in Richtung erneuerbare Energien.
Dass die Treibhausgas-Emissionen 2020 im Vergleich zum Vorjahr weiter sinken werden, ist also wahrscheinlich. Um wie viel sie abnehmen werden, hängt von vielen Faktoren ab: zum Beispiel, wie schnell die Wirtschaft sich nach der Corona-Krise wieder erholt, wie nachhaltig Unternehmen wirtschaften werden und wie konsequent die Energiewende vorangetrieben wird.
Treibhauseffekt
Zu den Treibhausgasen zählen Kohlendioxid (CO2), Methan und Lachgas. Ihre Zusammensetzung in der Atmosphäre führt zu einem natürlichen Treibhauseffekt. Ohne diesen könnten Menschen nicht auf der Erde überleben, denn es würden Temperaturen von minus 18 Grad Celsius herrschen. Der natürliche Treibhauseffekt entsteht hauptsächlich durch Wasserdampf, zu etwa einem Drittel wird er von CO2 ausgelöst. Die Zusammensetzung der Treibhausgase in der Atmosphäre ist aber nicht mehr im Gleichgewicht.
Schuld daran ist der anthropogene, also menschengemachte, Treibhauseffekt. Je höher die CO2-Emissionen in der Produktion, bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Steinkohle, Öl oder Gas, in der Landwirtschaft oder im Transport, desto größer die globale Erderwärmung.
Um den menschengemachten Treibhauseffekt zu bekämpfen und die globale Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, haben fast alle Länder der Welt das Übereinkommen von Paris unterschrieben. In Deutschland führte das Pariser Abkommen zur Ausarbeitung des Klimaschutzplans 2050. Der Plan sieht vor, dass die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 bundesweit um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden.
Weltweit emittiert China mit etwa 9839 Millionen Tonnen am meisten CO2 (Stand 2017). Deutschland lag im selben Jahr mit 798 Millionen Tonnen auf Platz sechs im globalen Vergleich.