Den Weinsberger Hilfsverein gründeten im Jahr 1969 Mitarbeiter des damaligen Psychiatrischen Landeskrankenhauses in Weinsberg. Ziel ist die Verbesserung der Lebenssituation von psychisch erkrankten Menschen und Personen mit Behinderung. Es gibt Arbeitsprojekte, Assistenz beim Wohnen, betreutes Wohnen in Gastfamilien, den Integrationsfachdienst für Fragen rund um die Arbeit sowie das Kinderprojekt Kip für Kinder psychisch kranker Eltern. Kompass bietet psychosoziale Beratung für junge Erwachsene.
Psychische Erkrankungen in Heilbronn: Sozialpsychiatrischer Dienst stößt an Grenzen
Der Weinsberger Hilfsverein hat sein Angebot zurückgefahren, weil das Geld fehlt. Doch eigentlich brauchen immer mehr Menschen im Stadt- und Landkreis Heilbronn seine Unterstützung.
Psychosoziale Hilfen gehen zurück, gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen im Stadt- und Landkreis Heilbronn, die auf diese Hilfen angewiesen sind. Eine Entwicklung, die Uwe Hellwich, Geschäftsführer des Weinsberger Hilfsvereins, mit Sorge beobachtet. Auch der Einrichtung macht das zu schaffen. Denn mit dem sozialpsychiatrischen Dienst und der Tagesstätte hat der Hilfsverein zwei niederschwellige Angebote, die jedem in der Region offenstehen, der psychische Probleme hat. Die Menschen kommen mit Psychosen, Ängsten, Depressionen, Borderline und anderem. 1300 Kontakte mit Klienten hatte der Hilfsverein im vergangenen Jahr, Tendenz steigend.
Sozialpsychiatrischer Dienst hilft bei Arzt- und Therapiesuche
Während Betroffene in der Tagesstätte gemeinsam Mahlzeiten einnehmen, sich dort aufhalten oder freiwillig Auftragsarbeiten erledigen, bieten die Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Dienstes Unterstützung. Etwa, wenn eine Räumungsklage ansteht. Sie helfen bei Fragen des täglichen Lebens, bei Arzt- und Therapiesuche. Auch das wird immer schwieriger. Sie unterstützen, wenn es um Anträge geht, unter anderem fürs Bürgergeld, sagt Jörg Schmidt vom sozialpsychiatrischen Dienst.
Weinsberger Hilfsverein prüft jede Anfrage auf Dringlichkeit
In den 28 Jahren, in denen er hier arbeitet, sei die familiäre Anbindung zurückgegangen. „Die Einliegerwohnung der Eltern, in der jemand, der erkrankt ist, bleiben kann, oder Geschwister, die sich kümmern, das gibt es kaum noch.“ Jede Anfrage wird auf Dringlichkeit untersucht. Droht Mittel- und Wohnungslosigkeit? Müssen Widerspruchsfristen eingehalten werden? Auch das Sondieren verlängert die Warteliste.
Die Angebote in der Wilhelmstraße in Heilbronn sind stärker nachgefragt denn je. Von 837 auf 872 ist ihre Zahl 2024 im Vergleich zum Vorjahr beim sozialpsychiatrischen Dienst gestiegen. Trotzdem musste Personal reduziert werden. Die annähernd acht Stellen sind auf fünf geschrumpft. Mit einer Handvoll Leute versucht der Verein, die Bedarfe von rund 900 Menschen zu bedienen.

Weinsberger Hilfsverein hatte ein Minus von 170.000 Euro im vergangenen Jahr
Der Grund? Der Dienst wird nach Landesrichtlinien gefördert, Stadt und Land beteiligen sich. Weil die Höhe dieses Anteils seit 2020 festgeschrieben ist, die Kosten aber, etwa durch Tarifabschlüsse, gestiegen sind, hatte der Verein bislang die Lücke durch Geld aus der Eingliederungshilfe ausgeglichen. Mit Einführung des Bundesteilhabegesetzes geht diese Querfinanzierung nicht mehr. Nun werden genau die anfallenden Kosten berechnet. Die Folge: ein Minus von 170.000 Euro beim Hilfeverein bei gleichbleibenden oder steigenden Ausgaben.
Auch an diesem Morgen herrscht in der Tagesstätte reger Betrieb. Die Anlaufstelle soll auch dem krankheitsbedingten Rückzug entgegenwirken, so Joachim Mölders von der Tagesstätte. Menschen, die nicht zeitnah beim sozialpsychiatrischen Dienst zum Zug kommen, landen jetzt verstärkt erstmal hierher. „Es wird voller und unruhiger“, sagt er. Intensive Gespräche wie bei den Kollegen vom sozialpsychiatrischen Dienst sind hier weniger möglich. „Wir haben einen großen Bedarf, den wir so nicht bedienen können.“
Dabei sei es wichtig, Vertrauen zu bilden und die Menschen auch einmal zu begleiten, etwa zu Behördengängen, wo es öfter Probleme gibt. „Der Klient mit Angststörung etwa, der sich schlecht in geschlossenen Räumen aufhalten kann und deshalb beim Jobcenter-Termin an der Tür stehen bleibt, der stößt auf Unverständnis“, so Schmidt.
Stadt Heilbronn stimmt Erhöhungsantrag für Tagesstätte zu – Entscheidung vom Landkreis steht noch aus
Was die Verantwortlichen bedauern: „Bei Mitteln für Freiwilligkeitsleistungen wie Tagesstätte und sozialpsychiatrischer Dienst wird so getan, als wäre das Ermessenssache“, sagt Schmidt. „Aber wir fangen viel ab mit unseren Angeboten, das sieht man gar nicht.“ Froh ist Hellwich, dass die Stadt Heilbronn dem Erhöhungsantrag für die Tagesstätte zugestimmt hat. Die Entscheidung des Landkreises steht noch aus.