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Faszination Amateurfunk
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Ilsfelder Ehepaar funkt von entlegenen Orten der Welt

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Martina und Thomas Müller aus Ilsfeld haben ein besonderes Hobby: Sie sind Amateurfunker. Bis auf Südamerika und die Antarktis haben sie mit der Funkausrüstung im Gepäck alle Kontinente bereist.

Das Ilsfelder Ehepaar Müller liebt Expeditionen zu den Inseln des Nordens, auch Neufundland haben sie mit ihrer Funk-Ausrüstung im Gepäck schon bereist.
Das Ilsfelder Ehepaar Müller liebt Expeditionen zu den Inseln des Nordens, auch Neufundland haben sie mit ihrer Funk-Ausrüstung im Gepäck schon bereist.  Foto: privat

„Draußen in der Natur mit dem Funkgerät im Rucksack unterwegs zu sein“:  Das ist es, was Martina Müller und ihren Mann Thomas an ihrem Hobby so fasziniert. Und zwar nicht an touristischen Hotspots, sondern an entlegenen Orten rund um den Globus. Bei jedem Wetter, egal ob bei minus 39 Grad in Grönland oder 20 Grad in Tasmanien. Seit fast 30 Jahren hat sich das Ilsfelder Ehepaar dem Amateurfunk verschrieben. 

Anders als der CB-Funk, der auf kurze Distanzen von wenigen Kilometer beschränkt ist, ermöglicht Amateurfunk Kommunikation weltweit. CB-Funk bewegt sich bei vier Watt lediglich im 27-Megahertz-Band. „Wir funken auf einem großen Spektrum, von ganz tiefen Frequenzen wie Kurz-, Mittel- und Langewelle bis zu Frequenzen im hohen Gigahertzbereich und mit einer Leistung von 750 Watt“, erklärt Thomas Müller.

Lizenz der Bundesnetzagentur ist Voraussetzung für den Amateurfunk

Weil dafür umfangreiche technische und rechtliche Kenntnisse notwendig sind, müssen Funkamateure eine Prüfung bei der Bundesnetzagentur ablegen. Mit der Lizenz erhalten sie ihr individuelles Rufzeichen, „damit jeder gleich weiß, wer am anderen Ende ist“, so der 51-Jährige, der sich seit 1996 mit DC8TM, beziehungsweise gemäß dem internationalen Alphabet Delta Charly Eight Tango Mike meldet. Ehefrau Martina ist DF3TS – Delta Foxtrot Five Tango Sierra.

Martina Müller in winddichter Kleidung auf den Färöer Inseln: Vom Berg Borgarin aus haben sie und ihr Mann 235 Funkverbindungen hergestellt.
Martina Müller in winddichter Kleidung auf den Färöer Inseln: Vom Berg Borgarin aus haben sie und ihr Mann 235 Funkverbindungen hergestellt.  Foto: privat

2023 beispielsweise haben DC8TM und DF3TS ihr Signal vom Berg Borgarin auf der Färöer Insel Kalsoy gesendet. „Von diesem Gipfel aus hat noch niemand Funkbetrieb gemacht“, berichtet Martina Müller. 235 Verbindungen in zwei Stunden kamen zustande, „dann war der Akku leer“. Zeit, drei Tage lang die schwer erreichbare und spärlich bewohnte Insel zu erkunden, am Fuße des Borgarin den Grabstein von James Bond aus dem Film „Keine Zeit zu sterben“ zu entdecken,  Papageientaucher zu beobachten, Tierwelt und Landschaften mit dem Fotoapparat zu dokumentieren.

„Im Prinzip geht man an Orte, die man sonst nie bereist hätte“, sagt Martina Müller. In drei Jahrzehnten haben sie und ihr Mann auf fast allen Kontinenten einsame Inseln, Berge und andere besondere Plätze für den Funkbetrieb aktiviert. „Südamerika fehlt uns jetzt noch, das machen wir 2026“, verrät die 50-Jährige. „In die Antarktis werden wir wohl nie kommen.“

Manches Mal sind die Müllers mit schwerem Equipment unterwegs, wie 2018, als sie in einem Weltrekord mit drei befreundeten Teams Landes-Erstverbindungen zwischen Schottland, Irland, Nordirland, England, Wales und der Isle von Man hergestellt haben: Für das Funken auf 76 Gigahertz waren Parabolspiegel notwendig – „alles Marke Eigenbau“, betont Thomas Müller.

Ein Hobby mit vielen Facetten

Den Elektrotechniker begeistert auch die technische Seite des gemeinsamen Hobbys. Sende-und Empfangsanlagen für den Betrieb in speziellen  Frequenzbereichen baut er selbst. „Die kann man nicht kaufen, das ist etwas für Bastler“, betont Thomas Müller. Für die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin Martina Müller stehen die weltweiten Kontakte im Vordergrund: „Es entstehen viele Freundschaften.“

Mit sogenannten QSL-Karten – einer Art Visitenkarte der Funkamateure untereinander – werden die Funkkontakte bestätigt. Sie geben Auskunft über technische Ausstattung und Sendeleistung der eigenen Station sowie über Signalstärke und Klang der Aussendung der Partnerstation, außerdem Name, Anschrift und persönliches Rufzeichen. Ihre Highlights haben Thomas und Martina Müller im Büro aufgehängt: Sei es von dem aus den Medien bekannten Forschungsschiff Icebreaker RV Polarstern, vom Weihnachtsmann in Finnland oder von der Neumayer Station III am Südpol. Zwar läuft heutzutage vieles über E-Mail. „Aber wenn man von einer Reise nach Hause kommt, hat man Briefkasten voll Post, die man natürlich auch beantworten muss“, so Thomas Müller. Mit eigenen Karten, vom Borgarin, zum Beispiel.

Nur ein Teil der Funkausrüstung, größtenteils Marke Eigenbau von Thomas Müller.
Nur ein Teil der Funkausrüstung, größtenteils Marke Eigenbau von Thomas Müller.  Foto: Claudia Kostner

„Ein Funkgespräch ist wie eine Zeremonie“, sagt Thomas Müller. Rufzeichen, kurze Vorstellung mit Name und Standort, Rapport über die Qualität der Verbindung sind Pflicht. „Dann schwätzt man über alles Mögliche“ – natürlich auf Englisch. Wenn man Funkverbindungen von besonderen Orten hergestellt habe, bleibe für Letzteres eher wenig Zeit. „Deshalb sprechen wir viel in Abkürzungen“: 73 heißt „Herzliche Grüße“, 55 „Viel Erfolg“.

CQ („Come Quickly“, „Komme schnell“) ist für Funkamateure elementar, um Kontakte herzustellen. „Es ist, wie wenn man in die Ilsfelder Markthalle geht und erstmal guckt, wer da ist“, erklärt Thomas Müller.

Der Deutsche Amateur-Radio-Club (DARC) ist mit rund 30.000 Mitgliedern der größte Verband von Funkamateuren in Deutschland und die drittgrößte Amateurfunkvereinigung weltweit. Martina und Thomas Müller sind Mitglied im DARC-Ortsverband Ludwigsburg. Funkbetrieb findet auf Kurzwelle, UKW und über Satelliten statt. 

„Amateurfunk ist eine große Spielwiese“, sagt Thomas Müller. Manche Funkamateure reisen, wie er und seine Frau, an entlegene Orte der Welt, um von dort aus Funkbetrieb zu machen. Andere nehmen an Wettbewerben teil, mit dem Ziel, in 24 Stunden Funkbetrieb die meisten Verbindungen zusammen zu bekommen. „Das gibt es fast jedes Wochenende in Deutschland, Europa und weltweit“, so der Ilsfelder. Eine ganz andere Facette ist der Amateurfunkpeilsport. Dabei geht es darum, fünf im Wald versteckte Sender mithilfe von Peilempfänger, Karte und Kompass in möglichst kurzer Zeit zu finden.

Amateurfunk ist aber auch ein Hobby für Technikbegeisterte. Andere nutzen es einfach, um sich mit anderen auszutauschen. Ein weiterer Aspekt ist der Notfunk. „Wir können auch wenn Mobilfunk und Strom ausfallen noch kommunizieren“, erklärt Müller.

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