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„Wir waren jung, hungrig, wissbegierig und wollten was erleben“

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Horst Fascher, erster Geschäftsführer des legendären Hamburger Star-Clubs, kommt am Wochenende nach Heilbronn und Flein

Von Andreas Sommer
Ein Rock’n’Roller-Leben mit allen Höhen und Tiefen: Horst Fascher.Foto: privat
Ein Rock’n’Roller-Leben mit allen Höhen und Tiefen: Horst Fascher.Foto: privat

 Er ist deutscher Boxmeister im Fliegengewicht und trainiert für die Olympiade 1960. Im Streit um ein Mädchen erschlägt er einen Matrosen. Das bringt ihm neun Monate wegen Totschlags ein und eine Box-Sperre auf Lebenszeit. Er hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, und lernt im berühmten Kaiserkeller die Beatles kennen.

Wann das war, weiß Horst Fascher noch genau. „Am 15. August 1960.“ Mit einem Ford Transit waren die Musiker gekommen, damals noch mit Stuart Sutcliffe und ohne Ringo Starr, „fünf abgewrackte Typen, die uns durch die verdreckten Scheiben zuwinkten“.

Zwei Jahre später, am 13. April 1962, ist Horst Fascher der erste Geschäftsführer des Hamburger Star-Clubs, zu dessen Eröffnung er die Beatles wieder nach Hamburg holte. Und andere Jugendidole der frühen 60er Jahre wie Billy Haley, Jerry Lee Lewis, Little Richard, Ray Charles, Chuck Berry oder Chubby Checker. „Nur mit Elvis hat es nicht geklappt“, seufzt der bald 72-Jährige in unverkennbarem Hamburger Zungenschlag ins Telefon. Vor zwei Jahren hat er seine Biografie „Let the Good Times Roll“ auf den Markt gebracht, die er am Freitag bei Osiander in Heilbronn vorstellt.

Waren es in der Rückschau wirklich die guten Zeiten, die der Buchtitel suggeriert? Fascher muss nicht überlegen: „Auf jeden Fall. Das war die schönste Zeit in meinem Leben. Ich hatte Musik, hatte Frauen und die Weltelite der Musiker zu Gast.“

Zurück zum ersten vierwöchigen Aufenthalt der Beatles im Hamburg des Jahres 1960. Die Musiker schlafen auf Matratzen hinter der Bühnen des Bambi-Kinos und spielen abends Skiffle, was für hartgesottene Rock ’n’ Roller fade „Schrammelmusik“ ist. Doch die Mädels aus Faschers Clique finden die Jungs aus Liverpool ,,unheimlich süß“.

Nach den Konzerten, morgens um halb fünf, trifft sich Fascher mit den Beatles zur Hühnersuppe. Er hat Schwierigkeiten, mit seinem „Hafenenglisch“, den Liverpooler Slang zu verstehen. Fascher nimmt die Engländer mit nach Hause, wo seine Mutter ihnen die Wäsche macht und einen „Eintopf mit Schnuten und Poten“ serviert: „Das gab uns die Power zurück.“

Der Star-Club läuft prächtig: „Die Leute waren zwischen 17 und 21, kamen aus Bremen, Kiel, Lüneburg. Sie wollten leben, hatten ja nicht viel erlebt außer Trümmern.“ Drogen gibt es noch nicht, nur das rezeptfreie Aufputschmittel Preludin, im Jargon „Sabbel-Tablette“ genannt.

1965 muss Fascher wieder in den Knast, drei Jahre wegen achtfacher Körperverletzung. In Vietnam sorgt er für die Unterhaltung der US-Truppen, organisiert Beatles-Revival-Konzerte. In den 90ern verliert er zwei Kinder, findet neues Glück und heiratet mit 70 seine Frau Birgit. Paul McCartney ist sein Freund – und Rock ’n’Roll sein Leben.

Horst Fascher liest an diesem Freitag, 20 Uhr, bei Osiander in Heilbronn aus seiner Biografie. Am Samstag, 20 Uhr, steigt in Anwesenheit Faschers in der Flina Flein eine Beatles-Night mit The Barons. Tickets: 07131/6420617.

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