Grollen aus der Tiefe – Salzwerke sprengen
Heilbronn - Die Bürger in Kirchhausen müssen noch etwa drei Jahre mit dem dumpfen Grollen aus der Tiefe leben, das von Unter-Tage-Sprengungen des Heilbronner Salzbergwerks herrührt. Vor allem die 14-Uhr-Sprengung wird von Bewohnern im Neubaugebiet Teuerbrünnle wahrgenommen.

Heilbronn - Es hört sich an wie dumpfes Donnergrollen, weit weg und für manche Kirchhausener doch beängstigend nah. Wenn Hans Sturm dieses Geräusch hört, weiß der Rentner: Es ist 14 Uhr. Zeit für die Sprengung unter Tage. Sieben Mal im Zwei-Minuten-Abstand-Abstand dröhnt es. Dann ist Ruhe.
Bei jeder Sprengung werden in gut 200 Metern Tiefe 1000 Tonnen Tonnen Salzgestein aus dem Berg gehauen. Nach vier Stunden sind Rauch und giftige Gase abgesaugt, dann laden die Männer vom Salzbergwerk die Brocken auf und bringen sie zur Weiterverarbeitung als Industrie- oder Speisesalz.
Sprengungen verursachen Unbehagen, nicht nur bei Hans Sturm. Er sucht sein Haus regelmäßig nach Schäden ab. Er und einige andere Kirchhausener glauben, dass feinste Risse an Wänden, Badfliesen oder steinernen Fenstersimsen an ihren Häusern von Erschütterungen bei Sprengungen herrühren. Beweise haben sie nicht, sie vermuten lediglich einen Zusammenhang.
Niemals
"Solche Schäden an Gebäuden können nie und nimmer von unserer Arbeit unter Tage herrühren", stellt Robert Pause klar. Jahrelange Messungen und Kontrollen belegten das. Er ist der Vermesser im Bergwerk. Er legt fest, wo und wie viel Salz gefördert wird, damit unter und über Tage alles sicher und stabil bleibt.
Der sogenannte Markscheider beruhigt seit Jahren besorgte Bürger, die sich bei ihm über Ruhestörung oder über Schäden beklagen, die sie dem Salzbergwerk zuschreiben. Oft hat Pause das Gefühl, dass sie ihm nicht glauben, wenn er ihnen klar machen möchte, dass es für die Risse andere Ursachen gibt. In drei Kirchhausener Privathäusern stehen zum Beweis seit Monaten hoch empfindliche Messgeräte im Keller. Sie registrieren kleinste Erschütterungen. "Wir bleiben weit unter den Grenzwerten", belegt Pause auf dem Messprotokoll.
Bürger wie Hans Sturm treibt auch die Sorge um, dass im Abbaugebiet des Bergwerks einmal Hohlräume einbrechen könnten wie in Sachsen-Anhalt geschehen. Auch das halten Bergwerksdirektor Dr. Gerd Bohnenberger und Vorstandschef Ekkehard Schneider für "absolut ausgeschlossen", weil die Verhältnisse dort nicht mit den hiesigen vergleichbar seien.
Nur ein Gebiet wird aus Sicherheitsgründen vom Abbau ausgenommen und weiträumig "umschifft": der Taschenwald zwischen Kirchhausen und Leingarten. Dort kam es zu Absenkungen, nachdem ein Unternehmen dort Sole suchte.
Gesprengt wird zurzeit unterirdisch südlich und östlich von Kirchhausen an drei Stellen (in der Grafik grün) − und das noch etwa drei Jahre. Im Westfeld wird der Sprengstoff um 14 Uhr gezündet, um 10 Uhr nördlich vom Schacht Konradsberg und um 21 Uhr im kleinsten Zipfel, dem sogenannten Restfeld NW 6. Das große Südwestfeld (südlich vom Anna-Kreuz) ist bis 2024 für den Salzabbau durch Sprengung vorgesehen.
Schneidreviere
Dank riesiger Schneidmaschinen − Continuous Miners − werden Sprengungen einmal ganz überflüssig werden. Diese schneiden das Salzgestein aus dem Berg heraus. Zwei solche gigantische Maschinen hat die SWS bereits im Einsatz: eine unter Biberach, eine westlich von Obereisesheim. Im Herbst 2010 kommt das dritte Gerät unter Kochendorf zum Einsatz, 2011 das vierte. Jede Miner-Anschaffung verursacht Kosten in Höhe von sechs Millionen Euro. Oben hören kann man sie nicht.
Hintergrund: Salzwerke
Bei der Südwestdeutschen Salzwerke AG (SWS) sind konzernweit rund 1100 Mitarbeiter beschäftigt, davon etwa 750 in den Unterländer Standorten Heilbronn und Bad Friedrichshall. Der Umsatz des Unternehmens lag im Geschäftsjahr 2009 bei 282 Millionen Euro. Hauptaktionäre sind die Stadt Heilbronn mit 46,6 Prozent der Anteile sowie das Land Baden-Württemberg mit 45 Prozent. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Heilbronns Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach. wet
