Der Busfahrer unter den Professoren
Rüdiger Sterzenbach (65) sagt nach 70 Semestern seiner Hochschule Ade

Heilbronn - Heute, am Freitag nach seiner Abschiedsfeier, hat er noch einmal mündliche Prüfung. 18 Bachelor-Absolventen stehen ihrem Professor Rede und Antwort. Kommenden Mittwoch folgt noch eine Klausur. Dann sagt Rüdiger Sterzenbach (65) Heilbronn und seiner Hochschule ein für alle Mal Ade, kurz bevor er ins 71. Semester käme. Nur wenn sein Studiengang Verkehrsbetriebswirtschaft und Personenverkehr keinen Ersatz für ihn findet, kommt er wieder − aber nur als Lehrbeauftragter und nur für ein Semester.
"Die Politik ist zu Ende. Der Sport ist zu Ende", sagt Sterzenbach sachlich. Sein Busunternehmen hat er 2006 verkauft. Jetzt gibt er die Hochschule auf. Der zweite Wohnsitz in Heilbronn ist aufgelöst. Peu à peu trennt er sich von seinen Aufgaben.
Weggefährten 200 Gäste hat Rüdiger Sterzenbach zu seinem Abschiedsredenreigen in die Aula gebeten, unter ihnen: Theo Zwanziger. Der DFB-Präsident ist seit jeher ein Weggefährte, "in Politik und Sportpolitik und auch aus Rheinland-Pfalz". Zudem nehmen die beiden fast zeitgleich den Hut. Was in Heilbronn gar nicht so große Beachtung fand, war Sterzenbachs außerberufliches Engagement: von 1997 bis 2004 Präsident des Landessportbundes Rheinland-Pfalz, bis 2000 Vorsitzender der ständigen Konferenz der Landessportbünde, drei Jahre lang auch Schatzmeister und wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU in Rheinland-Pfalz.
In seinem Studiengang war er für den Luftverkehr zuständig. Und der Spezialist für den öffentlichen Personennahverkehr. "Es war immer was los", der Professor versucht gar nicht, den permanenten Wandel zu beschreiben. Er hat wer weiß wie viele Studien- und Prüfungsordnungen erlebt. Den Heilbronnern indes galt er als eloquenter Conferencier beim Hochschulball, seinerzeit, als noch mehr als 1000 Gäste in die Harmonie drängten, um mit "ihrer" Hochschule zu feiern.
Solchen Erfolg schreibt Sterzenbach heute der Nähe zwischen Studenten und Professoren zu. Unvorstellbar, das heißt legendär, sind die Skireisen, als Sterzenbach einen Bus voller Studenten nach Kaprun steuerte. Während sich die Studenten den Après-Ski-Freuden in einer Disco hingaben, schlummerte ihr Professor in Busfahrers Schlafkabine und kutschierte sie nachts um drei retour in die Jugendherberge. Da entstanden Freundschaften, die ein Leben lang halten. Längst studierten die Kinder der Ehemaligen bei Professor Sterzenbach.
Spürbarer Aufbruch Dass er als 60-Jähriger in die Rektorwahlmisere eingriff, hat ihm 2007 viel Kopfschütteln und gleichzeitig Zuspruch eingetragen. Im Nachhinein sagt er: "Wir mussten durch dieses Tal der Tränen." Respektvoll kommentiert er den allenthalben spürbaren Aufbruch mit dem neuen Rektorat: "So wie es gekommen ist, war es das Beste."
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