Deutschland ist das Land mit den meisten Brauereien weltweit. Insgesamt sind es 1350 Hersteller, die über 5000 Biere produzieren. Allerdings trinken die Deutschen längst nicht mehr das meiste Bier auf der Welt. Mit etwas über 100 Litern pro Nase und Jahr belegt Deutschland aber immerhin den dritten Platz beim weltweiten Bierkonsum. Die Nachbarländer Österreich und Tschechien trinken deutlich mehr. Dabei liegt Tschechien klar an der Spitze mit fast doppelt so viel Litern pro Einwohner wie Deutschland.
Bierabsatz sinkt weiter – so trotzen Brauereien in Heilbronn-Franken der Krise
Inflation und veränderte Trinkgewohnheiten und ein gnadenloser Preiskampf setzen die Branche seit Jahren unter Druck. Die Brauereien in Heilbronn-Franken setzen auf regionale Nähe und Nischenprodukte.
Der Trend ist stabil und er ist negativ. Die deutschen Brauereien verkaufen immer weniger Bier. Auch im ersten Halbjahr 2025 ist der Bierabsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,3 Prozent gesunken. In Zahlen bedeutet dies einen Rückgang von 262 Millionen auf rund 3,9 Milliarden Liter Bier. Von diesem Trend können sich auch die Brauereien in der Region Heilbronn-Franken nicht ganz abkoppeln. Sie halten sich jedoch in der Krise besser als die Großbrauereien.
Licht und Schatten bei Brauereien in der Region
„Der August war mäßig, dem Wetter entsprechend“, urteilt Lionel Berger. „Wir sind eine wetterabhängige Branche, und wenn der Sommer verregnet ist, spüren wird das auch“, sagt der Mitinhaber der Palmbräu-Brauerei aus Eppingen. Dagegen seien die restlichen Monate des Jahres ordentlich verlaufen. „Wir haben den Vorteil, dass wir einen guten Kundenmix mit Gastronomie, Supermärkten, Getränkehändlern und Privatkunden haben“, betont Berger. Auch Moritz Bauer ist mit dem laufenden Jahr nicht ganz unzufrieden: „Während wir im Gastronomiebereich ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen konnten, bleibt der Flaschenbierabsatz unter Druck“, betont der neue Chef der Distelhäuser Brauerei, die in der Region breit vertreten ist. Eine erfreuliche Entwicklung ist für Bauer, dass immer mehr Verbraucher bewusst Biere aus ihrer Region bevorzugen würden. „Für uns ist das auch eine Chance, unsere regionale Stärke weiter auszubauen“, so der Chef der Brauerei aus Tauberbischofsheim.

Probleme bei Craft Bieren – Käthchenbier mit leichten Plus bei Absatzzahlen
Für Thomas Wachno von der Häffner-Brauerei aus Bad Rappenau, verlief das Jahr bisher zweigeteilt. „Bei den Standardbieren war das Frühjahr tatsächlich bescheiden, während die Sommermonate, Mai bis September, nur minimal schlechter waren als im Vergleichszeitraum 2024“, sagt der Braumeister. Probleme machten inzwischen auch die sogenannten Craft Biere, handgemachte Biere, die in Deutschland ab 2015 in Mode kamen und auf den Markt drängten. „Während Corona war das Craft Bier ein wichtiges Standbein“, betont Wachno. Seit Beginn des Ukraine-Krieges würde der Absatz allerdings rasant sinken, so der Brauer. Auch das alkoholfreie Bier könne trotz steigender Nachfrage die Rückgänge in Bad Rappenau nicht ausgleichen.
Eine Besonderheit ist das Käthchenbier, das die Hochdorfer Kronenbrauerei aus Nagold im April 2023 im Großraum Heilbronn wieder eingeführt hat. Inzwischen ist die Traditionsmarke flächendeckend im Getränke- und Lebensmittelhandel verfügbar. „Wir liegen mit dem Käthchenbier noch besser als der Gesamtmarkt, mit einem leichten Plus bei den aufgelaufenen Absatzzahlen“, freut sich Biersommelier Andreas Blasius. Mit Blick auf das Gesamtangebot der Kronenbrauerei spricht Blasius im laufenden Jahr von „einer Berg- und Talfahrt“.
Regionale Brauer beteiligen sich nicht an Rabattschlacht
Insgesamt würden die Großbrauereien aber deutlich stärker leiden, sind die regionalen Brauer überzeugt. „Die stehen ja schon seit Jahren in einem völlig absurden Preiskampf“, sagt Lionel Berger. „Die stärkste Marke in Deutschland ist 9.99“, formuliert der Palmbräu-Chef mit Blick auf die Supermarkt-Preise überspitzt: „Die hat nur jede Woche eine andere Bierkastenfarbe.“ Diese Rabattschlacht macht keine Marke aus der Region mit. „Wir sind eine Spezialitätenbrauerei und das wollen wir bleiben“, betont Berger.
Auch für Moritz Bauer ist klar: „Der Preisdruck durch die Konzerne wird uns weiterhin begleiten“. Deshalb setzt auch Distelhäuser im Jubiläumsjahr 2026, wenn die Brauerei 150 Jahre im Familienbesitz ist, „auf echte Wertschöpfung vor Ort, gelebte Tradition und nachhaltiges Engagement“, wie der 28-jährige Geschäftsführer betont.
Alkoholfreie Biere und Marktnischen
Auch alkoholfreie Angebote sind Hoffnungsträger für alle Regionsbrauereien, die allesamt auf eine lange Tradition zurückblicken können. „Wir können definitiv eine höhere Nachfrage feststellen aber vom Ausgleichen der Verluste im Standardbierbereich sind wir weit entfernt“, bilanziert Thomas Wachno. „Wir bedienen die Marktnische und stellen uns auch hier breiter auf“, betont Lionel Berger. So habe Palmbräu im Hause kürzlich die Technik für alkoholfreie Biere weiterentwickelt. „Alkoholfreie Biere und Naturradler weisen erfreuliche Wachstumsraten auf, weshalb wir sie weiter konsequent entwickeln werden“, unterstreicht auch Moritz Bauer. Die Absatzrückgänge bei volumenstarken Sorten wie Pils, Export oder Weizen können sie allerdings in keiner Brauerei kompensieren.

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